Habe heute mal was ganz interessantes auf Facebook gelesen und mußte schon schmunzeln. Der Mann meiner Bekannten ist ja auch so ein "Ich bin ja kein Nazi, aber...", hat aber ein i-Phone und ein i-Pad.
Hadmar von Wieser
Für viele Menschen ist klar, dass jeder Mensch unersetzlich ist.
Andere muss ich wohl mit etwas dramatischen Argumenten überzeugen, dass jeder, der im Mittelmeer ertrinkt, in einem Schlepper-LKW erstickt oder in einem Minenfeld den letzten Schritt tut, ein Verlust für die ganze Menschheit sein könnte.
Steve Jobs Vater Abdulfattah Jandali wurde in Homs in Syrien geboren und kam 1954 in die USA. Seine Mutter hieß Schieble, weil sie von deutschen Flüchtlingen abstammte. Da sie nicht heiraten durften, gaben sie das Kind zur Adoption frei. Seine Zieheltern wurden Clara Hagopian, Tochter armenischer Flüchtlinge, und ihr Ehemann Paul Reinhold Jobs. Dadurch wuchs das Kind in Germantown, Wisconsin auf, einer Stadt, die so heißt, weil sie von deutschen Wirtschaftsflüchtlingen gegründet wurde.
Aber natürlich geht es hier nicht um Steve Jobs. Steve Jobs als "syrisches Migrantenkind" zu bezeichnen war eine Provokation von mir: ein billiges Vorurteil. Denn hier geht es um billige Vorurteile.
Jeder Mensch, den wir sterben lassen, könnte der nächste Steve Jobs sein. Oder die Entdeckerin eines Heilmittels gegen Krebs. Oder die Frau, die dich glücklich macht. Oder der junge Mann, der einmal deine Enkelkinder zeugen wird.
Vielleicht auch „nur“ der Schuster, der deine Schuhe repariert, oder deine nächste Zahnärztin.
Ja, es kann natürlich auch dumm laufen und wir ziehen jemand aus dem Wasser, der dir drei Jahre später die Handtasche stiehlt. Die Kriminalitätsquote unter Immigranten ist ziemlich gleich hoch wie bei Einheimischen. Etwa 13 Prozent. Einer von acht kriegt irgend wann Ärger mit dem Gesetz, eingeschlossen Autorasen und Verstöße gegen das Meldegesetz. Einer von hundert wird ein professioneller Gauner sein.
Aber die Wahrscheinlichkeit ist eben sehr viel höher, dass er ein hart arbeitender Steuerzahler wird, der einmal deine Rente bezahlt. Wenn er mehr Kinder bekommt als ein Deutscher/Österreicher/Schweizer, dann produziert er sogar noch mehr Steuerzahler. Jedenfalls mehr als du, lieber Leser, denn du hast höchstwahrscheinlich keine drei Kinder.
Es kann auch sein, dass der Mann aus dem Wasser oder die Frau aus dem Minenfeld ein Idiot ist. Kommt vor. Wir haben schon die ersten türkischen Nazis im Land. Alles ist möglich.
Aber wahrscheinlicher ist, dass der Immigrant intelligenter ist als du. Auf dem Todestreck aus einem Bürgerkrieg durch Stacheldraht und Minenfelder, mit löchrigen Boote, durch die Grenzen von Mazedonien und die ungarischen Prügelpolizisten – da kommen nur die klügsten und tüchtigsten durch. Überhaupt migrieren nur die Intelligenten so weit. Die Ausländer, die so dumm sind wie der typische Pegida-Demonstrant, kommen allenfalls bis in die Türkei.
Der zerlumpte Kerl mit den hängenden Schultern, auf den du herabblickst, war zuhause womöglich Gynäkologe oder Anwalt für Handelsrecht. Die Frau mit dem wirren Haar, die so Scheiße Deutsch spricht, hat möglicherweise in den letzten sechs Monaten ebenso viele Sprachen gelernt. Und der kleine Junge mit den dunklen Augen und dem lächerlichen Haarschnitt dürfte in Physik und Mathe besser sein als du.
Ja, lieber Pegidiot, du hast Grund dich zu fürchten: Diese Leute werden dir den Job wegnehmen. Aber nicht lange. Zuerst dürfen sie gar nicht arbeiten. Dann werden sie deinen zweitklassigen Job machen. Besser als du. Und in zehn Jahren verdienen sie mehr als du.
Und wenn du Glück hast, ist der abgerissene Typ der Herzchirurg, der dich in zwölf Jahren rettet. (Unsoziale Menschen sterben statistisch acht Jahre früher. Nicht, weil sie umgevolkt werden. Sondern weil dauernde Missgunst auf den Magen schlägt und unheilbare Paranoia die Herzkranzgefäße belastet. Im Gegensatz dazu hält Helfen jung, fremde Kulturen kennen lernen stoppt die Alterung des Gehirns, und orientalische Küche kennen lernen senkt die Wahrscheinlichkeit, an Übergewicht zu sterben.)
Jeder Mensch ist unersetzlich.
LG
Sabine