Reklamationen nach der Küchenlieferung
Das größte Übel am Projekt „Neue Küche“ ist für alle Seiten das Thema der Reklamationen. Es betrifft den Küchenkäufer genauso wie das Küchenstudio und den Küchenhersteller. Reklamationen sind teuer, ärgerlich und in der Regel meistens vermeidbar. Sie sind oft nur das Resultat von Versäumnissen im Vorfeld der Küchenplanung und der gesamten Projektabwicklung.
Übersicht
Einer der von mir immer wieder aufgenommenen Sätze von Endkunden nach der Küchenmontage lautet: “Naja, ohne Mängel geht es ja eigentlich nie aus.“
Das Schlimme daran ist, dass es genauso ist, es ist kein Vorurteil, und nur die wenigsten Küchen wechseln tatsächlich auf Anhieb mängelfrei den Besitzer.
Natürlich liegt es in der Natur der Sache wenn individuell angefertigte Produkte eine höhere Fehlerquote aufweisen als massenhaft angefertigte Waren, bei denen die Kontrolle günstiger ist als tausende Artikel der Entsorgung zuzuführen. Die Fertigungskontrolle jedes einzelnen Möbelteils in der Küchenproduktion wäre wohl teurer als die Möbelteile selbst. Zudem ist die Produktion nur ein Baustein der Kette von Reklamationsanfälligkeiten.
Planungs- und Aufmaßfehler
Viele Fehler ziehen sich vom Anfang bis zum Ende durch das gesamte Projekt und werden einfach weitergereicht. Ein Aufmaßfehler wird unter Umständen erst beim letzten Glied in der Kette, der Montage, erkannt. Die Sachbearbeitung des Küchenherstellers wäre nicht in der Lage diesen Fehler frühzeitig zu erkennen. Anders sieht es bei Planungsfehlern aus. Diese sind oft bei der Auftragserfassung zu erkennen und an diesem Punkt noch korrigierbar, wenn sie ausschließlich produktspezifischen Charakter haben, der auch in den Kompetenzbereich des Küchenherstellers fällt.
Ein Planungsfehler, der durch ein unkorrektes Aufmaß erfolgt, ist natürlich auch hier nicht erkennbar und wird wie oben beschrieben einfach durchgereicht.
Transportschäden
Nach der Bestellung und Fertigung, egal ob mit oder ohne Fehler, erfolgt ein weiterer Schritt:
Die Lieferung aller Produkte zum Händler. Viele Küchenhersteller haben bereits erkannt, dass die Auslieferung der Küchenmöbel mit eigenen LKWs und eigenem Personal die Reklamationsquote drastisch senkt. Die Jungs wissen was sie auf dem Auto haben und wie man damit umzugehen hat.
Viele Positionen müssen aber immer noch mit Speditionen und Paketdiensten angeliefert werden und wer schon einmal im Netz Waren bestellt hat kann sich gut vorstellen, wie die teilweise vor der Tür stehen.
Hier sind einfach sehr viele Menschen an der Realisierung eines individuellen Produktes mit unterschiedlichen Vorlieferanten beteiligt und selbst wenn hier alle im Vorfeld fehlerfrei agiert haben, ist da immer noch der letzte Punkt: Die Küche muss zum Kunden transportiert und montiert werden.
Fehler bei der Küchenmontage
Besonders hier macht sich das Phänomen des Fachkräftemangels bemerkbar. Fehlende Kompetenz und Routine in Verbindung mit hohem Zeitdruck, die gestellte Aufgabe zu erfüllen, bilden einen Hochrisikofaktor für Montagefehler. Hier wird auch oft unterschätzt, dass sich der Küchenmonteur, neben der Konzentration auf seine eigentliche Aufgabe, zusätzlich mit den erst jetzt erkennbaren Fehlern der vor ihm wirkenden Personen auseinandersetzen muss. Aufmaß-, Produktions- und Planungsfehler sowie Transportschäden offenbaren sich ihm und wo es möglich ist müssen Lösungen gefunden und mit dem Kunden kommuniziert werden.
Nehmen wir einmal an, alle haben bis hierhin eine „Mega Performance“ (Christian Streich Interview) abgeliefert und die Küche steht wie geplant beim Kunden, dann offenbart sich manchmal eine unkalkulierbare Fehlerquelle, die manch einer sich ungern eingestehen möchte. Der Kunde selbst.
Mangelndes Vorstellungsvermögen
„Das habe ich mir aber anders vorgestellt.“ Oder: „Hätte man das nicht besser lösen können?“
Es kennt eigentlich jeder: Man kann noch so gute Arbeit abliefern und sich noch so viel Mühe gegeben haben – Der Kunde nörgelt und signalisiert Unzufriedenheit. Oft ist es ehrliche Unzufriedenheit die aus mangelndem Vorstellungsvermögen resultiert und erst am fertigen Projekt seine Wirkung entfaltet. Es gibt aber auch die unehrliche, nur suggerierte, Unzufriedenheit. Sei es um am Ende noch einen Preisnachlass zu bewirken oder einfach nur weil es eben notorische Nörgler gibt und man das sowieso nicht ändern kann.
Viele Dinge hätten unter Umständen im Vorfeld bei der Küchenplanung besser kommuniziert werden können und bei anderen Dingen muss sich auch der Kunde den Vorwurf machen lassen, warum er sich nicht vorher besser um seine Küchenplanung gekümmert hat statt alles in die Hände anderer zu legen und zu hoffen, dass schon etwas Gutes dabei herauskommt. Natürlich wird ein guter Küchenplaner versuchen die Bedürfnisse des Kunden zu ermitteln und diese in die Planung einzubeziehen. Das kann aber niemals zur Vollkommenheit gelingen wenn nicht auch der Kunde sich daran beteiligt und seine Bedürfnisse auch mitteilt.
Bei dieser langen Kette mit Fehlerpotential darf man sich eigentlich nicht mehr darüber wundern, dass so viele Küchen nicht reklamationsfrei geliefert werden können. Da ist es fast schon als Geschenk zu sehen, wenn es mal keine Reklamation gibt.