Blockverrechnung
Geschrieben von Gatto1 am 22.10.2009 in diesem Foren-Thema zur Blockverrechnung.
Die Verrechnung von Blöcken ist ein Vorgang, der selbst erfahrene Küchenverkäufer häufig noch ins Schwitzen bringt und Küchenkäufer an der schieren Unverständlichkeit verzweifeln läßt. Daher will ich mal versuchen, die Idee der Blockverrechnung - und die daraus resultierenden Schwierigkeiten und Fallstricke allgemeinverständlich zu skizzieren.
Geschichte
Der Küchenblock als solcher ist ja noch garnicht so alt. Ich glaube es war Ende der 70er Jahre, als Wellmann einen ersten "Küchenblock" auf den Markt gebracht hat.
Eine fertige Zusammenstellung von Küchenmöbeln mit Einbaugeräten - Fixes Maß, fixer Preis.
Bis dahin waren Kücheneinrichtungen häufig noch echte Einzelmöbel (z.B. Oma's Küchenbuffet mit Standherd und Hängespüle an der Wand) bzw. die heute noch am Baumarkt erhältlichen Einzelteile ohne durchgehende Platte und Sockel - und natürlich die Küchen, die vom Tischler kamen.(Bevor mich jetzt einer kreuzigt - ich kenn das auch nur von Erzählungen - damals habe ich mich noch nicht so sehr für Küchen interessiert).
Die Idee hinter dem Küchenblock war einfach und richtig. Schaffe einen Grundstandard, dann kannst Du billiger produzieren und verkaufen.
Es hat damals wohl auch recht gut funktioniert und die Umsetzung war realistisch. Der Küchenblock war etwas günstiger als die Summe der einzelnen Bauteile und die Teile die dazu kamen kosteten halt was sie immer gekostet hatten. Sinnvoll für beide Seiten.
Irgendwann wurden die Kunden aber anspruchsvoller und das System einer immer identischen Grundkombination + zusätzliche Schränke funktionierte so nicht mehr. Es sollte eine andere Aufstellung, andere Schränke und/oder eine andere Geräteausstattung sein.
In dem Moment verkam die Idee der günstigeren Produktion aufgrund überwiegend gleicher Grundkomponenten zur reinen Verkaufsstrategie, denn natürlich ist der tatsächliche Preisvorteil in der Produktion weg, wenn jeder Kunde eine andere Zusammenstellung ordert. Kleinere Stückzahlen = höherer Einzelpreis.
Die logische Folge war die Einführung von Mondpreislisten bei gleichzeitiger Verbreitung von Blockangeboten.
Das System ist sehr einfach.
In der Preisliste sind Einzelpreise hinterlegt, die normalerweise in keinerlei Relation zum tatsächlichen Wert des jeweiligen Elements stehen - mithin Preise die niemand mit klarem Verstand jemals für einen solchen Schrank zahlen würde (also so, also ob man eine Einzelpreisliste für einen Ferrari heranzieht, obwohl der Kunde einen Golf will).
Gleichzeitig gibt es eine Vielzahl an Blöcken, die mehr oder weniger den realistischen Wert der dort zusammengestellten Möbelteile wiederspiegelten - also schlichtweg eine Küche zum "normalen" Preis (bzw. den Golf in Grundausstattung zum üblichen Markpreis).
Im Verkauf macht es sich natürlich hervorragend, wenn man dem Kunden zunächst eine Küche auf der Grundlage der (völlig überzogenen) Einzelpreise macht um anschließend einen "echt tollen, nur heute gültigen Sonderpreis mit über 50% Rabatt" in Form einer Blockverrechnung zu machen. Es gibt genügend Menschen, die viel mehr auf die Rabatte, denn auf die Endpreise achten.
Da es natürlich unmöglich ist, für jede denkbare Schrankkombination einen speziellen Block anzulegen, haben die Hersteller und der Handel die eigentliche Blockverrechnung "erfunden" um die Blockidee auch in der Realität umsetzen zu können.
Nehmen wir einmal an, ein Kunde hat sich eine Küche zusammenstellen lassen, die aus 20 Schränken besteht, der entsprechende Küchenblock hat dagegen nur 17 Schränke.
Problem 1: Die Schränke stimmen weder in Anzahl noch sind sie in Ausstattung/Maßen identisch
Problem 2: Für die geplante Küche hat der Verkäufer eine Liste mit 20 Schränken, wobei hinter jedem Schrank ein Mond-Einzelpreis steht - und dagegen einen Block ohne Einzelpreise, aber mit einem "normalen" Gesamtpreis für alle Möbelteile zusammen.
Der Verkäufer geht nun wie folgt vor (wobei das normalerweise weitgehend im Computer hinterlegt ist).
1. Der Block wird auf die Mondpreise hochgerechnet - sprich, der Verkäufer plant den Küchenblock wie eine normale Kundenküche mit den utopischen Preise.
Ergebnis: Laut Mondpreisliste hat die Blockküche den Wert 20.000,-€ - tatsächlich weiss der Verkäufer aber, das diese Menge Möbel eigentlich nur 8.000,-€ Verkaufswert hat - angeblicher "Rabatt/Preisvorteil" für den Endkunden also 12.000,-€
2. Die Planung für den Kunden kostet 25.000,-€ (laut Mondpreisliste). Darauf geben wir erst mal 9.000,-€ Rabatt "aufgrund der aktuellen Werbung" - da kostet die Küche schon nur noch 16.000,-(man könnte ja eigentlich mehr, aber muß ja noch was in der Hinterhand haben)
-falls der Kunde renitent ist und nachfragt - holen wir natürlich den Chef, und der gibt dann noch 2.000,- aus einer "ganz supertollen - Spezial-sonderaktion" - und schwupsdiwups kostet die Küche nur noch 14.000,-€
- bleiben noch 1.000,-€ wenn was schief geht.
Letztendlich zahlt der Kunde durch die Blockverrechnung 14.000,-€, freut sich ein Loch in den Bauch weil es über 40% Rabatt gab und geht freudig nach Hause. Und der Verkäufer ist auch zufrieden, weil die Möbel eigentlich nur einen "normalen" Wert von 10-11.000,-€ gehabt hätten, aber der Kunde 14.000 dafür abgedrückt hat.
Vorteil (für den Handel): Aufgrund dieses Systems schlagen viele Kunden zu, bei denen Rabatt vor Endpreis geht - und das sind erschreckend viele
Nachteil (für den Verkäufer): Aufgrund der Tatsache, das bei der Verrechnung nicht einzelne Schränke gegeneinander verrechnet werden, sondern nur noch eine Schrankmenge einen Preis x hat und dieser gegen eine andere Schrankmenge verrechnet wird, ist es natürlich für den Verkäufer extrem aufwändig - nahezu unmöglich - auszurechnen, was der einzelne Schrank in dieser Menge dann tatsächlich kostet (Mengenlehre arbeitet halt nicht unbedingt mit einzelnen Positionen).
Natürlich gibt es von Hersteller zu Hersteller bzw. von Händler zu Händler geringfügige Unterschiede in den Details der Blockverrechnung - aber im Prinzip funktionieren alle nach dem Muster.
In Zeiten, in denen die Prospektküchen(Werbeblöcke) immer billiger angeboten werden, ist es für den Handel leider umso wichtiger, das die Preisfindung für den Kunden möglichst nicht nachzuvollziehen ist.
Nur so ist es möglich, mit einem Werbeblock für 2.999,-€ zwar die Kunden ins Haus zu holen, aber letztlich doch einen satten Preis für die Küchenplanung zu bekommen.
Ablauf: Der Kunde will die Küche für 2.999,- natürlich ein bisschen verändert, denn so passt sie ja nicht. Flugs wird das Modell zum Mondpreisen geplant, dann ein Küchenblock abgezogen (das ist seltenst tatsächlich der Werbeblock) - und schon hat der Kunde seine Küche zum Superpreis von 7.999,-€ (obwohl es eigentlich nur 2 Schränke und ein bisschen Arbeitsplatte mehr waren - und die Geräte sind jetzt Whirlpool statt IGNIS).
Ein Schelm, der Böses dabei denkt .
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Benutzer-Kommentare
Grundsätzlich ist an der Erklärung nichts sachlich falsch, allerdings stoße ich mich an der Formulierung.
Ich möchte zunächst einmal die Blockverrechnung an einem Beispiel aus meinem Berufsaltag erklären:
Wir haben eine fiktive Markenküche mit 2 Hochschränken, 7 Unterschränken und 2 Wandschränken, dazu eine Arbeitsplatte und Sockel, sowie ein Rückwandverkleidung.
Die Front wünscht mein Kunde in Preisgruppe 4 matt lackiert.
Die Einzelpreise der Möbel ermittelt meine EDV mit 20.000 € (Listenpreis - oben Mondpreis genannt)
Nach einer kurzen Berechnung ermittelt meine Planungssoftware einen passenden Küchenblock für 7000 €.
Siehe da - der Rabatt ist riesig. Jetzt könnte ich mit dem enormen und riesigen Nachlass argumentieren.
Aber warum? Genauso kann ich den richtigen und fairen Preis von 7000 € auch einfach nennen.
Selbst wenn es die Blockverrechnung nicht gebe könnte ich meine EDV auch so programmieren, dass Sie mir die Preise verdreifacht!
Am Ende des Tages ist der Küchenverkauf Vertrauensache zwischen Kunde und Verkäufer!
Eine typische Küche besteht aus 30, 40 oder 50 Teilen und ist wesentlich komplexer als der o.g. Autokauf.
Aber nehmen wir das Beispiel von oeben und kaufen einen Golf. Hier definieren wir Motor und Farbe und besprechen dann das Zubhör.
Sogar hier greifen wir auf Zubehörpakete zurück um es für alle Parteien einfacher zu machen.
Nichts anderes ist die Blockverrechnung. Sie dient der Vereinfachung - im Verkauf und auch im Einkauf (und damit am Ende des tages auch im Verkaufspreis für den Kunden) .
Fragen Sie doch einfach ihren Planer / ihre Planerin. Er / Sie wird anhand der Werte schnell abschätzen können, wie man die Küche sinnvoll ändern kann oder auch gerne noch einmal eine zusätzliche Variante berechnen. Jemand mit Erfahrung wird durch optimale Auslastung der Küchenblöcke für seinen Kunden viel herausholen.
Mein Fazit:
Wenn beide Seiten fair miteinader kommunizieren, der Kunde seine Wünsche klar äußert und der Planer transparent erklärt, dann entsteht am Ende ein tolles Produkt und beide Seiten profitieren.
P.S: Ein wenig verhandeln sollte man schon. Auch der/die netteste Kollege/in wird sich zumindest ein wenig Luft lassen - aber auch das gehört dazu :)
Ein Küchenplaner
Meine Erfahrung: vorab genau über den ganzen Quatsch informieren, dann kann man sich fast auf Augenhöhe mit dem KFB unterhalten und spart sich eine Menge Zeit mit Geschwafel. Dabei helfen die Lektüre dieses Forums (danke danke, ihr seid toll!!) und tatsächlich auch das Buch "Clever Küchen kaufen" mit 90er-Jahre-Flair und einem "Verhandlungs"-Teil, der den Wahrheitsbegriff doch seeehr dehnt. Wenn man am Ende als Käufer so auftritt, verpasst man doch einige Chancen im Leben :D
Hinzu kommt: online bekommt man zwar die Geräte günstiger, aber dann betet, dass besser nichts passiert mit eurem schicken eingelassenen Kochfeld ;-)
Ich finde, es ist einfach viel zu viel Geld mit immensem Wertverlust und eine sehr individuelle Entscheidung, da will gut überlegt sein.
Vorweg: Es gibt das absolut begründete Vorurteil, dass alle Küchenverkäufer bessere Pferdehändler
sind.
Es ist immer so. Warum eine Küche was kostet, kann der Kunde nie nachvollziehen. Um es dem Kunden noch weiter zu erschweren gibt es eine Verrechnungsmethode, die "Blockverrechnung" heisst.
Stimmungsbild! Aus 2021 und 2022. Ein Ende ist noch nicht in Sicht, denn irgendwann muss eine neue Küche her.
Nach dem ersten Gespräch mit einem Küchenhändler (vor 1,5 Jahren) hatte ich ein halbes Jahr Schockstarre und war bei keinem K-Händler mehr. Ich hatte den Grundriss meines Architekten. Nach einer Stunde wurde mir eine Markenküche in U-Form für 96.000 Euro angeboten. Etwa 5 Minuten später, war diese Küche als Ausstellungsküche da und die würde ich, wenn ich sofort unterschreiben würde, für 32.000 Euro bekommen.
Vor einem halben Jahr habe ich wieder Kontakt zu einem Schreiner aufgenommen, der auch Markenküchen verkauft, die preislich im VW-Golf-Segment sind.
Zwar haben wir ein sympathisches Verhältnis zueinander und schon viel geplant (hoher Zeitaufwand, doch würde ich auch hier sagen, dass, wenn ich ihm, die Hand gebe, mir anschließend die Finger mehrfach nachzähle. Sonst passiert es mir, wie dem Eskimo, der auf einmal einen Kühlschrank hat.
1. Er bestätigte mir, was ich aus meiner lange vergangenen Zeit in der Badmöbelindustrie kennen gelernt habe und über das die Autorin schon geschrieben hat. Die BLOCKVERRECHNUNG. Eine Methode der Preisverschleierung (VW Golf vs. Ferrari).
2. Alle Küchenhändler sind in verschiedenen EINKAUFSVERBÄNDEN zusammengefasst (Markant, Begros, …) die wiederum mit den Küchenherstellern Preise verhandeln. So kann es passieren, dass ein Mobelriese, obwohl er groß ist, schlechtere Blockpreise bekommt, als ein kleiner Händler. Hier interne Verlinkung: https://www.kuechen-forum.de/kuechen-einkaufsverbaende/
3. Warum, konnte auch er mir nicht erklären, hängen Küchenhändler, wie ein Schwein am Leben, daran, zu einer Küche auch E-Geräte mit zu verkaufen.* Bei dem ersten Angebot ließ ich ihn drei E-Geräte mit anbieten. Widerwillig nannte er mir auch die exakte Typbezeichnung (deutscher Markenhersteller).
Zuhause habe ich recherchiert. Das dauert etwa 2 Minuten. Laut Küchenhändler-Angebot sollte (Kochfeld, Dunstabzugshaube und Kühlschrank von einer bestimmten deutschen Marke) 4800 Euro kosten.Bei meiner Recherche kam ich auf 1800 €. Das war im August 2022.
4. Gestern. Es schien das Finale in greifbarer Nähe. Ich wollte immer eine Massivholzarbeitsplatte haben. Auf einmal hatte er eine Spanplatte von dem Küchenhersteller einkalkuliert. Auf mein bockbeiniges Drängen hin, rechnete er sie nach fünf Minuten raus.
Was er mir da sagte, beschäftigt mich jetzt noch so sehr, dass ich hier einen "kleinen Aufsatz" geschrieben habe. Wenn ich auf die Arbeitsplatte des Küchenherstellers verzichte, muss ich 1200 Euro mehr zahlen.
Ich bin gespannt, was er mir in den nächsten Tagen erzählen wird. Mein Geduldsfaden ist sehr dünn geworden. Ein ungeschicktes Wort von ihm und ich mache auch bei ihm das Buch zu. Dann gibt es halt keine neue Küche. Lieber fahre ich für den Rest meines Lebens dann zu MC Donald.
Dass alle Küchenverkäufer bessere Pferdehändler sind, scheint wahr zu sein.
*Zwischenbemerkung: Ich war schon zwischen 2021 und 2022 bei drei Küchenhändlern, die die Beratung abgebrochen haben, weil ich bei ihnen keine E-Geräte kaufen wollte.