Vitrine 2.0
Die Vitrinen haben in diesem Forum keinen guten Ruf. Ist ja auch kein Wunder, wenn man sich die Bildersammlung anschaut, wo im besten Fall ein buntes Kaffeebecher Sammelsurium hinter teils noch geriffelten Milchglasscheiben eines Hängeschranks zum Vorschein kommt. Ich kann daher sehr gut nachvollziehen, warum den Profis hier die Haare zu Berge stehen, sobald das Wort „Auflockerung“ fällt. Das bedeutet in der Folge entweder offene Regale oder eben Vitrinen oder auch beides. Ich denke, dass eingangs erwähnten Bilder hoffentlich der Vergangenheit angehören und für Vitrinen ein neues Zeitalter angebrochen ist. Man muss sich zuerst fragen, warum so viele Häuslebauer und Küchenliebhaber diesen Wunsch nach „Auflockerung“ verspüren. Ich denke, das kommt daher, weil die Küchen heutzutage nicht mehr in geschlossenen Räumen, sondern in den Wohnraum integriert sind. Der Versuch die Küche nicht so küchig aussehen zu lassen und stattdessen etwas wohnlicher zu gestalten führt bei vielen zwangsläufig dazu der Küche Elemente hinzuzufügen, welche die
Küchenfront als solche durchbrechen. Uns ging es genauso! Wobei bei uns die Vorgeschichte noch eine andere war.
Ich hatte 17 Jahre lang auf die Kopfseite meiner damaligen Insel gestarrt (siehe Foto), empfand sie als monströs und habe mir selbst versprochen, dass es in der neuen Küche ganz anders sein wird (die Wange ist jetzt noch größer als früher). Daher war die Vitrine an der Kopfseite neben dem Kühlschrank und der Dunstabzugshaube das Element, was unverhandelbar war. Wir gingen sogar noch weiter und haben danach die Küchenhersteller ausgesucht, weil Vitrinen als
Unterschrank in einer Insel noch eine Seltenheit sind. Ich fühlte mich dennoch in meinen Überlegungen bestätigt, weil viele Prämiumhersteller, allen voran
Siematic , die gewünschten Vitrinen als Unter- oder Hochschränke in den Ausstellungen verplant haben. Es freut mich aber auch, dass dieser Trend auch von anderen Herstellern wie
Ballerina oder
Häcker erkannt und die Vitrinen auch dort in verschiedenen Variationen vermehrt ins Sortiment aufgenommen werden.
Natürlich bestehen auch hier große Unterschiede. Eines davon ist die Verarbeitung der Scharniere. Bei Siematic und Eggersamann werden diese in den Korpus eingefräst (unsichtbare Scharniere, siehe Bild), das sieht sehr edel aus. Der dünne Metallrahmen, verschiedene Glasvarianten, blendfreie Beleuchtung sowie die Innenausstattung sind weitere Details, die in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen. Je dünner der Rahmen desto harmonischer sieht es in der Mitte aus, wenn zwei Türen zusammen kommen.
Leider konnten in unserem Fall die eingelassenen bzw. unsichtbaren Scharniere nicht umgesetzt werden, weil in unsere Vitrine ein durchgängiges
Greifraumprofil eingearbeitet wurde. In diesem Fall ragt die Vitrinentür, genauso wie die Schubladen, über den Korpus hinaus (siehe Foto). Somit muss ich zwar die herkömmlichen aufliegenden Scharniere in Kauf nehmen, dafür kommt aber durch das durchgehende Greifraumprofil die Granitarbeitsplatte besser zur Geltung und die langen Seiten der Insel konnten dadurch auch stimmiger gestaltet werden. Mein Verbesserungsvorschlag an dieser Stelle ist, dass die Scharniere bei schwarzen Fronten und Korpen in schwarz geliefert werden, damit sie weniger auffallen.
Ein weiteres Highlight ist die Innenausstattung unserer Vitrine mit Frontmaterial. Das kann nicht jeder Hersteller umsetzten (Ich habe übrigens auch Vitrinen, ausgekleidet mit Leder, gesehen. Auch sehr schick).
Im Moment seht ihr Klarglas. Wir haben schwarzes Rauchglas bestellt, daher werden die Türen noch bei der Endmontage ausgewechselt, aber das Klarglas zeigt die Herausforderung deutlich mit der Vitrinenliebhaber konfrontiert werden und das ist nun mal die Bestückung. In den Ausstellungen zerbrechen sich die Innenarchitekten den Kopf, zuhause ist man selbst gefragt.
Mir ist dabei wichtig, dass die Vitrine nicht überladen wird, was zwangsläufig Stauraumverlust bedeutet! Diesen Luxus auf rund 110 x 75 x 45 cm gönne ich mir aber gern. Die Gestaltung der Vitrine ist in meinen Augen ein Prozess, welches bei uns noch nicht abgeschlossen ist. Bis jetzt beherbergt die Vitrine unser geliebtes ledergebundenes Kochbuch (da kommt die Vorliebe für Naturmaterialien in uns wieder durch), zwei schwarze Champagnerbecher, welche nur eine Armlänge vom Kühlschrank entfernt, griffbereit für ein Schlückchen Prickelwasser stehen sowie ein Digestiv Set und eine Metalldose, die für Butter, Dips oder ähnliches häufig auf den Tisch kommt. Ich habe da auch noch ein Paar andere Ideen, aber im Wesentlichen muss erst mal das Glas ausgetauscht werden. So eine Vitrine sieht auch als Abschluss eines Hochschranks sehr gut aus, wenn man ein Händchen für Dekoration hat.
Die Vitrine beschert der Insel eine gewisse Tiefe d.h. der Blick stoppt nicht an der dunklen Inselwange, sondern bietet dem Auge eine interessante Alternative an. Vor diesem Hintergrund ist die Vitrine ein wichtiger Bestandteil unseres Lichtkonzepts. Mir persönlich gefallen nämlich diese Ufos (rundum LED Beleuchtung unter der AP) nicht und auch die Beleuchtung im Sockelbereich finde ich nicht mehr sonderlich attraktiv. Mir ist es lieber, dass statt Krümel auf dem Boden lieber meine Lieblingsstücke in der Vitrine angestrahlt werden, die ich zudem auch immer wieder neu dekorieren und damit auch auf Jahresszeiten reagieren kann. Wenn die Küche geschlossen ist, lasse ich sehr gern nur die Vitrine an und genieße das Schlummerlicht, welches dimmbar und von kalt- bis warmweiß einstellbar ist. Alles richtig gemacht!