Gibt es eigentlich noch Einkaufskultur?

Michael

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Was mich eigentlich bisher nur in geringem Ausmaß tangierte, rückt mit dem wachsenden Modebewusstsein meiner Töchter immer mehr auch in mein Bewusstsein.

Seit einigen Monaten beobachte ich nun schon die Einkaufslandschaft und komme eigentlich aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus.
Mit Küchen hat das erst einmal wenig zu tun, obwohl die Ausläufer dieser Kultur sich auch dort bemerkbar machen. Die Resultate sind dann die Gleichen:

Billig und Marke sind gewünscht. Aber geht das überhaupt?

Eigentlich geht das nicht und dennoch irgendwie schon. Und zwar dann, wenn dem Kunden nicht das Produkt als Marke verkauft wird, sondern der Handel selbst. Beim Shoppen muss man einfach mal die Augen aufmachen und sich ansehen, was einem da so als Marke verkauft wird.

Ich bin in Schuhgeschäften gewesen, da liefen die Verkäufer (alle so um die 20 bis 25 Jahre alt) kollektiv in irgendwelchen Basketball-Schiedsrichter-Bekleidungen rum. Verkaufsgespräche begannen mit dem Farbwunsch und endeten mit der benötigten Schuhgröße. Dazwischen war nicht viel außer Smalltalk und Gelaber.
Fachkompetenz? Fehlanzeige! Wo drückt der Schuh? Vorne!

Schon beim Verlassen des Parkhauses bemerkte ich verwundert, wie sich meine Damen mit wildfremden Menschen austauschten, weil diese eine Primark-Tasche
bei sich trugen, folglich dort shoppen waren. Klar, da mussten wir jetzt hin und ich war schon ein wenig gespannt, was mich nach dem Hollister-Hype erwarten würde.
Da kam es dann richtig dicke. In Hannover befindet sich die größte deutsche Primark-Filliale mit mehr als 8000 m² auf vier Etagen. Bereits beim Betreten war mein Gedanke: Da musst du jetzt irgendwie durch.
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Im Inneren offenbarte sich mir dann das Bild, das mich zum Schreiben dieses Artikels veranlasste. Billig und Marke geht tatsächlich. Es geht sogar richtig billig - ein Jawoll-Markt für Textilien, zwar nicht auf Euro-Palletten, aber so ähnlich. Textilstapel wo das Auge hinreicht und der gesamte Laden gerappelt voll mit kaufgeiler Kundschaft (Mit Ausnahme einiger Herren, die genauso deppern rumstanden wie ich).
Hosen für 10 Euro, T-Shirts für 3 Euro. Da ist die Frage berechtigt, wer eigentlich den Preis dafür zahlt?
Beim genaueren betrachten der Kundschaft kann man der nicht einmal ernsthaft Vorwürfe machen: Größtenteils offenbar bildungsfern oder einfach nur zu jung.

Und natürlich steht auch dieses Unternehmen in der Kritik. Fertigung in Bangladesh, Einsturz der Textilfabrik mit mehr als 1000 Toten, etc.
Aber kümmert das noch jemanden? Offenbar nicht wirklich.

Ich war in noch mehr Läden, nicht durchweg spottbillig, aber eines hatten sie alle gemeinsam: Personalmangel!
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Gesucht wird an jeder Ecke und zwar nicht irgendjemanden, sondern dich suchen sie. Du musst nur motiviert sein und gerne im Team arbeiten. In vielen Fällen lässt sich schon erahnen, dass man von den gezahlten Löhnen keine Familie ernähren kann. Deswegen wird man auch fast nur auf Schüler, Studenten und Aushilfsjobber treffen.

Um die Kurve zu den Küchen zu bekommen nehmen wir das neueste Beispiel: Kiveda. Mit Express und Pino Küchen wird hier die unterste Qualitätsstufe im Küchenmöbelmarkt an den Kunden getragen. Da das niemand weiß (es wird nicht publiziert) berichten die Käufer natürlich eine Kiveda Küche zu besitzen.

Dazu nimmt man eine Menge Geld in die Hand (TV-Werbung) und niemand wundert sich, dass die Spitzen dieses Unternehmens im Prinzip von Küchen und dem Markt nicht wirklich viel verstehen. Sie kommen aus der IT und der Werbung.
Genauso verhält es sich mit den vielen Handelsmarken der Verbände. Im Kleinen werden hier Marken geschaffen, die eigentlich keine sind. Sie wurden generiert, erfunden.
Da ist es doch eigentlich schön, dass Miele noch Miele ist oder Mercedes noch Mercedes. :top:

Naja...
Letztlich habe ich aus der Not eine Tugend gemacht und das Gewusel für eine persönliche Typveränderung genutzt. Hat ja auch was...
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menorca

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AW: Gibt es eigentlich noch Einkaufskultur?

Tja, wo fängt man an? Bei dem Gruppenzwang, dem Jugendliche unterliegen? Bei der Werbung, die die Gehirne weichspült? Bei dem in vielen Familien nicht gerade üppig vorhandenen Geld trotz Berufstätigkeit beider Eltern? Dem Taschengeld, für das man natürlich möglichst viel kaufen möchte?

Schwierig, aber wahr!

Blond steht dir nicht, Michael. Nächstes Mal vielleicht rot? ;D
 

Magnolia

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AW: Gibt es eigentlich noch Einkaufskultur?

Klasse Bericht Michael ! :rofl::rofl::rofl:

Ich unterschreibe in allen Punkten bei Menorca. :cool:
 

KerstinB

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AW: Gibt es eigentlich noch Einkaufskultur?

Ja, ich kann das Shopping-Syndrom auch nur mit :rolleyes: und :w00t: begucken. Bei mir sind es Nichte und Neffe, die da als Beispiele herhalten müssen, beileibe nicht bildungsfern, aber jung ;-). Selbst im Urlaub ... nicht Gegend erforschen, sondern shoppen.

Und Küchen und Kiveda und Ableger. Wir hier im Küchenforum sind schon etwas verwöhnt bezüglich der Budgets der hier aufschlagenden User. Aber, bei vielen Löhnen sind eben auch Küchenpreise von 3000 Euro schon eine Stange Geld, die über mehrere Jahre gespart oder vielleicht sogar finanziert werden müssen. Und dann steckt da eben leider billigstes Möbel (immerhin in aller Regel noch aus Deutschland) und billigste Geräte, vermutlich in China etc. gefertigt, drin. Und man weiß gar nicht, wo man da ansetzen soll, um diesen Teufelskreis zu unterbrechen.
 

Michael

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AW: Gibt es eigentlich noch Einkaufskultur?

Ich denke, solange die schöne heile Einkaufswelt suggeriert wird, kann man garnichts machen.
Und das bildungsferne Publikum war auch nur mein subjektiver Eindruck - ich hab da keine Intelligenztests gemacht. :cool:
In der heutigen Zeit, mit strammen durchgeplanten Tagesabläufen hat doch auch kaum noch jemand die Zeit sich darüber Gedanken zu machen. Und selbst wenn der Groschen gefallen ist, wie will man es umsetzen, wenn es fast an jeder Ecke das Gleiche ist?

Was nutzt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland wenn die Unternehmen in anderen Ländern, zu Bedingungen, die über den Lohn hinaus fragwürdig sind, produzieren lassen?

Man kann ohne ausgiebige Recherche auch kein Urteil fällen. Der Preis allein ist es auch nicht. Ein Adidas Shirt kostet keine drei Euro und wird ebenfalls in Indonesien oder China hergestellt. Die Bedingungen dürften annähernd die Gleichen sein.
 

Bodybiene

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AW: Gibt es eigentlich noch Einkaufskultur?

Ich unterschreibe in fast allen Punkten bei Menorca. Nur finde ich das dir blond auch steht. Hast dich deinen Mädels gut angepasst.

LG
Sabine
 

tantchen

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AW: Gibt es eigentlich noch Einkaufskultur?

Um diese Grabbel-Läden mach ich schon lange einen riesen Bogen. Früher war aber H&M der Renner und man ist da auch von der Qualität überzeugt gewesen. Naja, billig kaufen = billige Quali, von der aber auch nur eine Haltbarkeit von max. 2 Jahren erwartet wird. Wenn überhaupt.

Aber irgendwann merkt man eben, dass dieser Kruscht nix taugt, dass das teurere T-Shirt vom Bio-Hersteller sich eben nicht verzieht usw.

Aber dafür muss man eben auch ein gewisses Lebensneuer = Erfahrung erreichen, gepaart mit den finanziellen Mitteln, auch mal was Gutes kaufen zu können. Wie sollen das also die jungen Leut bis vll. Mitte 20 denn machen?

Ich finde, Du solltest Dir die Haare wachsen lassen, Michael! :top:
 

Nice-nofret

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AW: Gibt es eigentlich noch Einkaufskultur?

Ein Glück, in der CH gib's das IMO noch nicht Flächendeckend ... (naja evt. doch, und ich weiss es nur nicht...)
 

Berde

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AW: Gibt es eigentlich noch Einkaufskultur?

Am Nettoeinkommen kann es nach diesem Bericht
Acht Minuten für zehn Eier | Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)
nicht liegen.

Zitat: So kann man sich heute von seinem Nettostundenlohn rund ein Drittel mehr
zum Anziehen kaufen als 1991.
Gegenüber 1960 hat sich die Kaufkraft für Herrenanzüge und Damenkleider sogar vervierfacht.

Musste man 1960 noch 14 Min für einen Liter Normalbenzin arbeiten sind es 2009
noch 5 Min.

Für eine Waschmaschine 1960 224 Std - 2009 nur noch 32 Std.
 

Bärbel123

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AW: Gibt es eigentlich noch Einkaufskultur?

Es hat sich viel mehr verändert, als der Nettolohn.
So war ich heute entsetzt, wie mir eine Mutter erzählte, dass eine Klassenkameradin Ihrer Tochter mit 11 Jahren das neueste I-Phone bekam mit All-Net-Flat. Ich stelle auch ständig in der S-Bahn fest, dass anscheinend alle Kinder und Jugendlichen die teuersten Smartphones haben, da muss dann natürlich beim Klamottenkauf gespart werden.
 

Michael

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AW: Gibt es eigentlich noch Einkaufskultur?

Der Wohnraum wurde in der Statistik auch nicht berücksichtigt. Einen Großteil der Einsparungen dürften heute die Mieten fressen, die schnell ein Drittel des Monatslohns ausmachen.

Mit den Smartphones müssen wir wohl leben. Wir haben es vorgemacht und wenn Stundenplanänderungen oder Mittagsgerichtspläne von schulischer Seite schon online bereit gestellt werden, die Kommunikation von Jugendmannschaften über Facebook-Vernetzung abläuft und sogar Küchen online geplant werden (;-)), halte ich das für eine normale Veränderung des Lebensalltags.

Meine Tochter ist 12 und bei allem Übel, den die mobile Vernetzung mit sich bringt, bin ich froh sie immer erreichen zu können.
Wer das Eine will muss wohl mit dem Anderen leben.

Wenn wir neue Azubis bekommen sind die eigentlich zu nichts in der Lage. Aber den Onlinekalender können sie sofort mit dem Smartphones bedienen. Ob man das schon Medienkompetenz nennen darf...? :cool:
 

Angelika95

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AW: Gibt es eigentlich noch Einkaufskultur?

Um die riesigen Märkte mache ich auch einen Bogen, das nächste Mal, @Michael solltest du meinen Mann mit den Mädels los schicken und wir trinken einen Kaffee oder zwei-drei :cool:.
Dass billig=billige Qualität und teuer=gute Qualität ist, kann ich leider nicht bestätigen, hier verdrehen*** sich die Aldishirts genau so, wie die mit den Streifen oder halt auch mal nicht. (*** verlieren ihre Farbe, laufen ein, werden kürzer und dafür aber viel breiter) und bei Jeans kaufe ich schon immer gleich einen Ersatzreißverschluss mit, der eine hält eh´ meist nicht so lang.
Was mich ein bisschen stört, ist die Tatsache, dass es irgendwie immer weniger Mittelpreise gibt, entweder den 10-er Pack für 3,-€ oder gleich 50,- Ocken für ein ärmelloses Top :w00t:.
Meistens versuche ich, teureres nächstes Jahr oder am Ende der Saison für weniger zu bekommen, aber was einem dann teilweise als Schlussverkaufware angeboten wird, spottet jeder Beschreibung...

Und mein Sohny braucht eine komplette neue Wintergarderobe, bei der ich hoffe, dass die den ganzen Winter passen wird und wenn wenigstens die teuren Teil NOCH einen Winter überstehen würden, wäre es klasse... vielleicht ist ja bei knapp unter 200 cm Schluss mit wachsen *hoff* (nicht nur wegen dem Geld!).
Aber zu Primark gehe ich trotzdem nicht!!! (Viel zu viel Volk dort!)
 

Cooki

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AW: Gibt es eigentlich noch Einkaufskultur?

Hi,

netter Beitrag Michael, ... da musste ich mir doch erstmal zur Belustigungsbewältigung ein Snickers zwischen die Zähne schieben. :kfb:

Upps ... nee.. heisst ja peanuts ... aber ich schmecke keinen Unterschied und es kostet die Hälfte.

Manche lassen sich halt auch gerne verarschen, .... gut, wenn es schöner macht. :cool:
 

Wolfgang 01

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AW: Gibt es eigentlich noch Einkaufskultur?

Es sind ja nicht nur Sachen des täglichen Lebens die unter erbärmlichen und Menschen verachtenden Zuständen produziert werden, sondern auch "Unterhaltung ".

Bestes Beispiel die WM in Katar.
Ich bin Fußballfan und spiele selber gerne. Natürlich sind EM und WM ein Muß. Eigentlich.
2022 werde ich aber boykottieren.
 

Ferlian

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AW: Gibt es eigentlich noch Einkaufskultur?

Hi,

ich war nun zwei Mal in Berlin im Primark, der anscheinend nicht so groß ist wie der in Hannover, aber mit Sicherheit so voll. Meine Beobachtungen sind wie deine, nur das ich mir beim zweiten Mal einen Spaß gemacht habe. Kopfhörer auf, Musik an (am besten was klassisches & dramatisches) und dann in einer Seelenruhe einkaufen und die Sachen anschauen ... nicht nur das man mit seiner Ruhe, die Hektiker um sich herum zum Wahnsinn treibt ... auch das Treiben an sich bekommt etwas groteskes ...

Macht Spaß und man hat ja sonst keine Hobbys.

;-)
 

Angelika95

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AW: Gibt es eigentlich noch Einkaufskultur?

DAS ist ja mal eine tolle Idee, Samstags morgen mit Rachmaninov auf den Ohren durch Aldi schlendern:rofl:
 

martin

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AW: Gibt es eigentlich noch Einkaufskultur?

Nee, zu Aldi musst Du montags ganz früh, wenn sich die Leuts um die Aktionsware drängeln ;-). Samstags ist der Marktplatz beim Elch angesagt.
 
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