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Eigentlich ist es mittlerweile zu abgedroschen um noch einen Bericht oder Beitrag damit zu beginnen: Geiz ist geil – Ich bin doch nicht blöd, und andere Werbeslogans, mit denen der Handel seit Jahren versucht seine Waren dem Kunden schmackhaft zu machen. Es wird kurioserweise vermittelt wie man beim Geldausgeben sparen kann und dass man wirklich blöd ist wenn man tatsächlich noch spart.
Natürlich kann ich an dieser Stelle nur meine Erfahrungen mit dem Küchen- und Möbelhandel darstellen. Aber ich bin sicher, dass es auch in anderen Branchen genauso oder zumindest ähnliche Verfahren gibt.
Das klassische Ausquetschen begann eigentlich mit dem Missbrauch der Einkaufsverbände, die seinerzeit ein Segen für den Küchenfachhandel gewesen sind und sich mittlerweile als Saftpresse der Möbelgiganten sehen. Leider ist bei den Herstellern nichts mehr zu holen, viele sind in den letzten Jahren in die Insolvenz gerutscht, und der Drang nach Einsparungen kann durch das bloße verbessern der Einkaufskonditionen kaum mehr gedeckt werden.
Ein Ansatz ist der „After Sales Service“, dessen Definition sich zwischen Möbelriese und Fachhandel mittlerweile immer mehr unterscheidet. Der „Service nach dem Kauf“ dient vornehmlich der weiteren Kundenbindung über das erworbene Produkt hinaus. Zusätzliche Leistungen sollen den Kunden in seiner Kaufentscheidung bestätigen und ihn für zukünftige Investitionen beim gleichen Händler empfänglich machen. Soweit unterscheiden sich der Möbelriese und das Fachgeschäft wenig.
Im weiteren Verlauf beschränkt sich der After Sales Service beim Giganten auf theoretische Aktionen wie das Auswerten von Meinungsumfragen, die dem Kunden mit der Übergabe des Möbelstückes abgenötigt werden. Zur Belohnung nimmt er dann an einer Auslosung teil, deren Gewinnmöglichkeit sich auf Einkaufsgutscheine, etc. beläuft. Das ist auch Kundenbindung – keine Frage.
Der Fachhändler nimmt dieses Feedback direkt entgegen und kann sich auf die für den Kunden wichtigen Dinge konzentrieren. Da fährt man schon einmal zum Kunden um evtl. Unverständnisse bei den gelieferten Elektrogeräten zu klären. Beim Möbelriesen kaum denkbar, denn wer soll das tun? Wenn der Verkäufer das Geschäft verlässt kann er nichts verkaufen. Die Abteilungsleiter haben genug mit der Einhaltung der Verkaufszahlen zu tun und zu den Monteuren kommen wir später noch.
Während z.B. die Montage einer Einbauküche für den Küchenfachhändler elementarer Dienstleistungsbestandteil ist, werden diese Arbeiten bei den Riesen immer mehr zum notwendigen Übel, aber bitte so billig wie möglich. Da kommen dann die Küchenmonteure ins Spiel, die aber gar nicht so billig sind wie man immer gedacht hat. Feste Mitarbeiter lassen sich nicht ausquetschen. Es gibt Tarifbindungen, Urlaubsregelungen, Betriebsräte, etc.
Da ist es doch eine pfiffige Idee die eigenen Mitarbeiter zu verselbstständigen. Natürlich weitestgehend unter Beachtung der Vorschriften, die eine Scheinselbstständigkeit ausschließen. Die Rechnung ist recht simpel:
Kosten für Fuhrpark, Werkzeug und Montage bei festen Angestellten: 12-15% des Gesamtumsatzes.
Zahlt man den neuen Unternehmern jetzt einen Satz von z.B. 6-7% des Küchenwertes hat man mit einem Schlag die Kosten dieses Bereiches um ca. 50% reduziert. Positiver Nebeneffekt: Risiken wie Krankheit liegen nicht mehr beim Großunternehmer.
So wird ein Schuh daraus: Der Handel spart indem er Kosten reduziert und wie oben beschrieben soll der Kunde beim Kauf sparen.
Leider sind die meisten Handwerker keine Kaufleute. Viele haben noch nicht einmal einen Steuerberater der frühzeitig einschreiten könnte. Sie rechnen nach Ihrer Methode: „Als Angestellter habe ich 11,-/Stunde verdient und als selbstständiger Monteur komme ich auf mehr als das Doppelte. Das kann nur ein Aufstieg sein“. Dass es sich dabei um einen Trugschluss handelt merken sie erst später, meist zu spät. Viel zu wenig Gedanken machen sie sich über den Kostenapparat, der als Selbstständiger auf sie zukommt:
- Private Krankenversicherung
- Beiträge zu Berufsgenossenschaft
- IHK Beiträge
- Eigenes Fahrzeug mit sämtlichen Nebenkosten
- Eigenes Werkzeug mit Instandhaltungskosten
- Private Steuern und Abgaben
- Altersvorsorge
- Betriebshaftpflichtversicherung
Neben diesen zusätzlichen Kosten für den neuen Subunternehmer und den gesparten Beträgen des Möbelhauses darf man aus meiner Sicht auch nicht vergessen, dass durch diese Art der Wandlung von eigenen Angestellten in selbstständige Monteure der Sozialstaat untergraben wird. Die fehlenden Sozialabgaben hat die Allgemeinheit in Form von höheren Beiträgen zu tragen und letztlich ist Scheinselbstständigkeit nichts anderes als eine Form der Schwarzarbeit. Wenn der Bezieher von Sozialleistungen nebenbei Schwarzarbeit leistet spricht man vom Sozialschmarotzer. Wo ist der Unterschied?
Mittlerweile zeigen diese Machenschaften ihre Auswirkungen und auch die Verursacher selbst sind davon betroffen: Fachkräftemangel. Wer die Regionalpresse verfolgt stößt immer öfter auf Stellengesuche der Möbelriesen. Küchenmonteure werden gesucht und natürlich immer auch gerne Subunternehmer mit eigenem KFZ, Werkzeug, etc. Sie haben es immer noch nicht begriffen und halten an ihren ruinösen Konditionen fest. Je weniger Fachkräfte aber zur Verfügung stehen, desto mehr leidet die Ausführung und Qualität der Arbeiten darunter, zumindest dort. Die qualifizierten Kräfte halten sich an den Küchenfachhandel. Der weiß die Qualität der Arbeit noch zu schätzen, er weiß um die Wichtigkeit der Abwicklung des Küchenprojektes bis zum Ende. Und das alles bei angemessener Entlohnung.
Entgegen der Annahme, von den „gesparten“ Beträgen könne man auch als Kunde durch niedrigere Preise profitieren, ist genau das Gegenteil der Fall. Neben der Preisstabilität hat sich der Kunde mit den Auswirkungen von schlechter (teils haarsträubender) Montagequalität auseinanderzusetzen. Die Erfahrungsberichte im Forum sind voll davon und die Ursache eindeutig. Man bekommt was man bezahlt – in diesem Fall bekommt der Kunde nur das was das Möbelhaus bezahlt: Zu wenig und für ihn unfreiwillig.
Für die steigende Anzahl von Reklamationen hat der Möbelriese natürlich auch eine Lösung um sich schadlos zu halten: Er reklamiert beim Hersteller und fordert kostenlosen Ersatz.
Unglaublich? Mag sein, aber es existieren tatsächlich knallharte Regelungen nach dem Motto: Ich kaufe die Küchen bei euch und wenn wir etwas kaputt machen liefert ihr es kostenlos nach. Hersteller, die sich nicht daran halten, fliegen aus dem Sortiment.
Wen überrascht es jetzt noch, dass sich unser Vorzeigeunternehmen auch bei der Montage der reklamierten Möbelteile schadlos hält: Das übernimmt natürlich der neue Selbstständige – und zwar kostenlos. Eigene Monteure (wenn es sie noch geben sollte) werden dafür nicht eingesetzt. Die muss man ja bezahlen. Scheinselbstständige sind nun einmal keine eigenständigen Dienstleister sondern Befehlsempfänger.
Dieses traurige Gesamtbild der Möbelbranche habe ich übrigens in den letzten zwei Jahren gewinnen müssen, in denen wir rund 250 Küchen für die Großen der Branche montiert haben. Natürlich neben der „normalen“ Arbeit für den Fachhandel, ohne deren Aufträge dieser Selbsttest weder finanziell noch mental durchzustehen gewesen wäre.
Davon ausgehend, dass die Möbelbosse nicht blöd sind und die Auswirkungen auf ihr eigenes Unternehmen unterschätzen, nehmen sie das alles billigend in Kauf. Die eigentliche Dienstleistung der Montage verkommt zum „After Sales Service 2.0“, der nicht mehr die eigentliche Kundenbindung im Visier hat, sondern ausschließlich den schnellen gesparten Euro. Die gescheiterten Selbstständigen, die mit dem Ertrag ihre Kosten nicht mehr decken können, können ja bei Notwendigkeit einfach wieder eingestellt werden und in dieser Rolle sieht man sich sogar als Samariter und kommuniziert diese Gutmütigkeit auch nach außen.
Mir sagte tatsächlich einmal ein Möbelboss ins Gesicht, der Rückgriff auf Subunternehmer für die Küchenmontage käme das Unternehmen wesentlich teurer als fest angestellte Mitarbeiter. Als ich dem, mit Hinweis auf betriebswirtschaftliche Fakten, widersprach musste ich erfahren, dass natürlich für dieses Unternehmen ganz andere Zahlen existieren würden. Den Beweis blieb er allerdings schuldig.
All dem zum Trotz sind es diese Unternehmen, die sich gegenüber Ihren Kunden mit dem Argument des mangelnden Service beim Onlinekauf von Möbeln und Küchen zur Wehr setzen möchten, was unter Betracht der eigenen Machenschaften schon eine gewisse komische Komponente beinhaltet. Im Gegensatz zum stationären Handel weiß der Online-Handel wenigstens um die noch bestehenden Defizite beim Service und versucht diesen zu verbessern. Beim Möbelriesen geht die Tendenz genau in die andere Richtung. Das nach außen kommunizierte Service-Verständnis wird nicht mehr eingehalten, bzw. es kann unter diesen Voraussetzungen nicht mehr eingehalten werden.
Da Blauäugigkeit keinem weiterhilft ist es natürlich auch kein Aufruf den großflächigen Möbelhandel zu boykottieren. Das würde auch nichts nützen, da der Küchenfachhandel und die Küchendiscounter es nicht leisten können, die rund eine Million Einbauküchen, die pro Jahr in Deutschland gefertigt werden, abzuwickeln. Aber man sollte wissen auf was man sich einlässt und die richtigen Schlüsse aus dem schlechten Service und der mangelhaften Montagequalität ziehen können wenn es mal wieder passiert ist.
Ob das Ausweichen auf Online-Möbelbuden wie Westwing oder Home24 eine Alternative darstellt darf bezweifelt werden. Deren agieren ist ja bekanntlich nur sekundär mit Gewinnerzielungsabsichten verbunden und es geht eher darum, irgendwann durch aufgehübschte Umsatzzahlen ein Unternehmen mit hohem Gewinn verkaufen zu können. Der zweifellos angerichtete Kollateralschaden im stationären Möbel- und Küchenhandel wird diesem Interesse untergeordnet und in Kauf genommen.
Es stellt sich die Frage, warum der stationäre Handel in Form der Möbelriesen nicht einfach die ungeliebte Dienstleistung komplett einstellt und sich ausschließlich auf den Absatz konzentriert? Da liegen doch die eigentlichen Prioritäten und es liegt doch nahe, dass der Kunde keinen Service einem Schlechten den Vorzug geben könnte.
Oder nicht?
Natürlich kann ich an dieser Stelle nur meine Erfahrungen mit dem Küchen- und Möbelhandel darstellen. Aber ich bin sicher, dass es auch in anderen Branchen genauso oder zumindest ähnliche Verfahren gibt.
Das klassische Ausquetschen begann eigentlich mit dem Missbrauch der Einkaufsverbände, die seinerzeit ein Segen für den Küchenfachhandel gewesen sind und sich mittlerweile als Saftpresse der Möbelgiganten sehen. Leider ist bei den Herstellern nichts mehr zu holen, viele sind in den letzten Jahren in die Insolvenz gerutscht, und der Drang nach Einsparungen kann durch das bloße verbessern der Einkaufskonditionen kaum mehr gedeckt werden.
Ein Ansatz ist der „After Sales Service“, dessen Definition sich zwischen Möbelriese und Fachhandel mittlerweile immer mehr unterscheidet. Der „Service nach dem Kauf“ dient vornehmlich der weiteren Kundenbindung über das erworbene Produkt hinaus. Zusätzliche Leistungen sollen den Kunden in seiner Kaufentscheidung bestätigen und ihn für zukünftige Investitionen beim gleichen Händler empfänglich machen. Soweit unterscheiden sich der Möbelriese und das Fachgeschäft wenig.
Im weiteren Verlauf beschränkt sich der After Sales Service beim Giganten auf theoretische Aktionen wie das Auswerten von Meinungsumfragen, die dem Kunden mit der Übergabe des Möbelstückes abgenötigt werden. Zur Belohnung nimmt er dann an einer Auslosung teil, deren Gewinnmöglichkeit sich auf Einkaufsgutscheine, etc. beläuft. Das ist auch Kundenbindung – keine Frage.
Der Fachhändler nimmt dieses Feedback direkt entgegen und kann sich auf die für den Kunden wichtigen Dinge konzentrieren. Da fährt man schon einmal zum Kunden um evtl. Unverständnisse bei den gelieferten Elektrogeräten zu klären. Beim Möbelriesen kaum denkbar, denn wer soll das tun? Wenn der Verkäufer das Geschäft verlässt kann er nichts verkaufen. Die Abteilungsleiter haben genug mit der Einhaltung der Verkaufszahlen zu tun und zu den Monteuren kommen wir später noch.
Während z.B. die Montage einer Einbauküche für den Küchenfachhändler elementarer Dienstleistungsbestandteil ist, werden diese Arbeiten bei den Riesen immer mehr zum notwendigen Übel, aber bitte so billig wie möglich. Da kommen dann die Küchenmonteure ins Spiel, die aber gar nicht so billig sind wie man immer gedacht hat. Feste Mitarbeiter lassen sich nicht ausquetschen. Es gibt Tarifbindungen, Urlaubsregelungen, Betriebsräte, etc.
Da ist es doch eine pfiffige Idee die eigenen Mitarbeiter zu verselbstständigen. Natürlich weitestgehend unter Beachtung der Vorschriften, die eine Scheinselbstständigkeit ausschließen. Die Rechnung ist recht simpel:
Kosten für Fuhrpark, Werkzeug und Montage bei festen Angestellten: 12-15% des Gesamtumsatzes.
Zahlt man den neuen Unternehmern jetzt einen Satz von z.B. 6-7% des Küchenwertes hat man mit einem Schlag die Kosten dieses Bereiches um ca. 50% reduziert. Positiver Nebeneffekt: Risiken wie Krankheit liegen nicht mehr beim Großunternehmer.
So wird ein Schuh daraus: Der Handel spart indem er Kosten reduziert und wie oben beschrieben soll der Kunde beim Kauf sparen.
Leider sind die meisten Handwerker keine Kaufleute. Viele haben noch nicht einmal einen Steuerberater der frühzeitig einschreiten könnte. Sie rechnen nach Ihrer Methode: „Als Angestellter habe ich 11,-/Stunde verdient und als selbstständiger Monteur komme ich auf mehr als das Doppelte. Das kann nur ein Aufstieg sein“. Dass es sich dabei um einen Trugschluss handelt merken sie erst später, meist zu spät. Viel zu wenig Gedanken machen sie sich über den Kostenapparat, der als Selbstständiger auf sie zukommt:
- Private Krankenversicherung
- Beiträge zu Berufsgenossenschaft
- IHK Beiträge
- Eigenes Fahrzeug mit sämtlichen Nebenkosten
- Eigenes Werkzeug mit Instandhaltungskosten
- Private Steuern und Abgaben
- Altersvorsorge
- Betriebshaftpflichtversicherung
Neben diesen zusätzlichen Kosten für den neuen Subunternehmer und den gesparten Beträgen des Möbelhauses darf man aus meiner Sicht auch nicht vergessen, dass durch diese Art der Wandlung von eigenen Angestellten in selbstständige Monteure der Sozialstaat untergraben wird. Die fehlenden Sozialabgaben hat die Allgemeinheit in Form von höheren Beiträgen zu tragen und letztlich ist Scheinselbstständigkeit nichts anderes als eine Form der Schwarzarbeit. Wenn der Bezieher von Sozialleistungen nebenbei Schwarzarbeit leistet spricht man vom Sozialschmarotzer. Wo ist der Unterschied?
Mittlerweile zeigen diese Machenschaften ihre Auswirkungen und auch die Verursacher selbst sind davon betroffen: Fachkräftemangel. Wer die Regionalpresse verfolgt stößt immer öfter auf Stellengesuche der Möbelriesen. Küchenmonteure werden gesucht und natürlich immer auch gerne Subunternehmer mit eigenem KFZ, Werkzeug, etc. Sie haben es immer noch nicht begriffen und halten an ihren ruinösen Konditionen fest. Je weniger Fachkräfte aber zur Verfügung stehen, desto mehr leidet die Ausführung und Qualität der Arbeiten darunter, zumindest dort. Die qualifizierten Kräfte halten sich an den Küchenfachhandel. Der weiß die Qualität der Arbeit noch zu schätzen, er weiß um die Wichtigkeit der Abwicklung des Küchenprojektes bis zum Ende. Und das alles bei angemessener Entlohnung.
Entgegen der Annahme, von den „gesparten“ Beträgen könne man auch als Kunde durch niedrigere Preise profitieren, ist genau das Gegenteil der Fall. Neben der Preisstabilität hat sich der Kunde mit den Auswirkungen von schlechter (teils haarsträubender) Montagequalität auseinanderzusetzen. Die Erfahrungsberichte im Forum sind voll davon und die Ursache eindeutig. Man bekommt was man bezahlt – in diesem Fall bekommt der Kunde nur das was das Möbelhaus bezahlt: Zu wenig und für ihn unfreiwillig.
Für die steigende Anzahl von Reklamationen hat der Möbelriese natürlich auch eine Lösung um sich schadlos zu halten: Er reklamiert beim Hersteller und fordert kostenlosen Ersatz.
Unglaublich? Mag sein, aber es existieren tatsächlich knallharte Regelungen nach dem Motto: Ich kaufe die Küchen bei euch und wenn wir etwas kaputt machen liefert ihr es kostenlos nach. Hersteller, die sich nicht daran halten, fliegen aus dem Sortiment.
Wen überrascht es jetzt noch, dass sich unser Vorzeigeunternehmen auch bei der Montage der reklamierten Möbelteile schadlos hält: Das übernimmt natürlich der neue Selbstständige – und zwar kostenlos. Eigene Monteure (wenn es sie noch geben sollte) werden dafür nicht eingesetzt. Die muss man ja bezahlen. Scheinselbstständige sind nun einmal keine eigenständigen Dienstleister sondern Befehlsempfänger.
Dieses traurige Gesamtbild der Möbelbranche habe ich übrigens in den letzten zwei Jahren gewinnen müssen, in denen wir rund 250 Küchen für die Großen der Branche montiert haben. Natürlich neben der „normalen“ Arbeit für den Fachhandel, ohne deren Aufträge dieser Selbsttest weder finanziell noch mental durchzustehen gewesen wäre.
Davon ausgehend, dass die Möbelbosse nicht blöd sind und die Auswirkungen auf ihr eigenes Unternehmen unterschätzen, nehmen sie das alles billigend in Kauf. Die eigentliche Dienstleistung der Montage verkommt zum „After Sales Service 2.0“, der nicht mehr die eigentliche Kundenbindung im Visier hat, sondern ausschließlich den schnellen gesparten Euro. Die gescheiterten Selbstständigen, die mit dem Ertrag ihre Kosten nicht mehr decken können, können ja bei Notwendigkeit einfach wieder eingestellt werden und in dieser Rolle sieht man sich sogar als Samariter und kommuniziert diese Gutmütigkeit auch nach außen.
Mir sagte tatsächlich einmal ein Möbelboss ins Gesicht, der Rückgriff auf Subunternehmer für die Küchenmontage käme das Unternehmen wesentlich teurer als fest angestellte Mitarbeiter. Als ich dem, mit Hinweis auf betriebswirtschaftliche Fakten, widersprach musste ich erfahren, dass natürlich für dieses Unternehmen ganz andere Zahlen existieren würden. Den Beweis blieb er allerdings schuldig.
All dem zum Trotz sind es diese Unternehmen, die sich gegenüber Ihren Kunden mit dem Argument des mangelnden Service beim Onlinekauf von Möbeln und Küchen zur Wehr setzen möchten, was unter Betracht der eigenen Machenschaften schon eine gewisse komische Komponente beinhaltet. Im Gegensatz zum stationären Handel weiß der Online-Handel wenigstens um die noch bestehenden Defizite beim Service und versucht diesen zu verbessern. Beim Möbelriesen geht die Tendenz genau in die andere Richtung. Das nach außen kommunizierte Service-Verständnis wird nicht mehr eingehalten, bzw. es kann unter diesen Voraussetzungen nicht mehr eingehalten werden.
Da Blauäugigkeit keinem weiterhilft ist es natürlich auch kein Aufruf den großflächigen Möbelhandel zu boykottieren. Das würde auch nichts nützen, da der Küchenfachhandel und die Küchendiscounter es nicht leisten können, die rund eine Million Einbauküchen, die pro Jahr in Deutschland gefertigt werden, abzuwickeln. Aber man sollte wissen auf was man sich einlässt und die richtigen Schlüsse aus dem schlechten Service und der mangelhaften Montagequalität ziehen können wenn es mal wieder passiert ist.
Ob das Ausweichen auf Online-Möbelbuden wie Westwing oder Home24 eine Alternative darstellt darf bezweifelt werden. Deren agieren ist ja bekanntlich nur sekundär mit Gewinnerzielungsabsichten verbunden und es geht eher darum, irgendwann durch aufgehübschte Umsatzzahlen ein Unternehmen mit hohem Gewinn verkaufen zu können. Der zweifellos angerichtete Kollateralschaden im stationären Möbel- und Küchenhandel wird diesem Interesse untergeordnet und in Kauf genommen.
Es stellt sich die Frage, warum der stationäre Handel in Form der Möbelriesen nicht einfach die ungeliebte Dienstleistung komplett einstellt und sich ausschließlich auf den Absatz konzentriert? Da liegen doch die eigentlichen Prioritäten und es liegt doch nahe, dass der Kunde keinen Service einem Schlechten den Vorzug geben könnte.
Oder nicht?