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Meine Rache am Küchenkartell

J Aktualisiert 29 August 2018
20203 0 4
Kommentare (14)
Meine Rache am Küchenkartell
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Meine Rache am Küchenkartell
Meine Rache am Küchenkartell

Die Ausgangssituation


Die Geschichte meiner Küche ist eine sehr lange. Bereits vor 20 Jahren, als wir noch als Mieter in unser jetziges Haus einzogen, haben wir die Küche nur notdürftig hergerichtet, da niemand wußte, wie lange wir die Wohnung haben werden. 5 Jahre später erwarben wir das Haus und ein umfangreicher Umbau stand an. Leider waren die Mittel begrenzt und wir legten das Projekt Küche nochmal auf Eis, weil wir der Meinung waren, dass dieses Projekt so umfangreich würde, dass wir da noch mal gesondert Ersparnisse in Anspruch nehmen müßten, die in dem Moment nicht zur Verfügung standen. Leider lösten sich diese Ersparnisse später anderweitig auf. Zum Einen meldete sich unser 4. Kind an, welches verschiedene Investitionen wie Kleinbus und anderes nach sich zog, zum Anderen stellte uns die Steuerbehörde mit fast krimineller Energie eine utopische Nachforderung (5-stellig) an mich auf Grund einer von Ihnen mir falsch zugewisenen Gesellschaftsform für mein Unternehmen. Das war eigentlich unser wirtschaftlicher Genickbruch, an dem wir noch heute, fast 10 Jahre danach zu knabbern haben und eine Kriegserklärung dieses Staates an mich und meine Familie. Unsere Küche war inzwischen in einem desaströsen Zustand. Durch zahlreiche Umbauten im Haus waren hier zahlreiche demontierte Versorgungsleitungen welche ihre Spuren hinterließen, neue elektrische Zuleitungen kreuzten den Raum und aufgrund der immer wieder hinausgeschobenen Entscheidung der Kompletsanierung bewohnten wir nun schon fast 15 Jahre eine Küche, die bereits am Anfang dieser Zeit hätte aufwendigst saniert werden müssen. Lange Jahre wurden wenigstens die Küchenmöbel, mit Schanieren und Aufhängungen, durch meinen Schwiegervater der Tischlermeister im Ruhestand war, i.O. gehalten. Durch seinen Tod war auch irgendwan damit Schluß und ein Schrank nach dem anderen verweigerte die Zusammenarbeit. Ausgesehen hat das ungefähr so:



Nachdem der Zustand für alle Beteiligten im Winter 2005/06 irgendwann unerträglich wurde machten wir uns zum ich weiss nicht wie vielten Male mit meiner Frau auf den Weg, den Küchenmarkt abzuchecken. In der Tasche hatten wir noch das Angebot einer Alno-Küche von vor 10 Jahren. Es war eine Buchenkassette die zu einem Preis von damals noch 22.000,-DM zu haben war. Als wir einen ausgewählten Küchenmarkt betraten stellten wir fest, dass es genau diese Front noch gab. Also ließen wir uns die selbe Küche noch einmal durchrechnen. Das Ergebnis zog uns dann allerdings fast die Schuhe aus. Nach Abzug aller Rabatte und Vergünstigungen, nach den schönen Augen meiner Frau und den ersten Drohungen von mir wollten die doch tatsächlich 18.000,-€ von uns haben. Mit allem haben wir gerechnet aber damit jedoch nicht. Wir standen sofort auf und verließen den Laden. Ich verstand dieses Angebot als weitere Kriegserklärung an mich und meine Lieben und beschloß für mich, Rache an der Küchenmafia zu nehmen, nachdem meine Frau bitterlich weinend im Auto saß und nicht mehr daran glaubte, jemals noch zu ihrer Küche zu kommen.

Die Küche

Eigentlich kenne ich mich in allen handwerklichen Gewerken recht gut aus. Da ich jedoch, wie schon erwähnt, lange Jahre einen Schwiegervater hatte, der die tischlerischen Belange in unserem Haus gut abdeckte, war dieser Bereich für mich ein Buch mit vielen Siegeln geblieben. Nach meiner Kriegserklärung an die Küchenindustrie stand ich da und hatte absolut keinen Plan. Ich wußte weder worauf es ankommt noch wie man da hin kommt. Also war viel lesen und Recherche erforderlich. was ich dann auch wochenlang eingehend, vor allem im Internet tat. Nach allem was ich da in Erfahrung brachte folgten stets diverse Küchenstudiobesuche um zu prüfen, zu vergleichen und zu checken, was ich da gelesen habe. Auf diese Weise landete ich irgendwann auch bei IKEA. Mein Fazit war folgendes: IKEA-Küchen waren meiner Meinung nach besser als ihr Ruf. Würden die Küchen des Schweden mit gleicher Sorgfalt aufgebaut, wie die der herkömmlichen Küchenhersteller, würden sie nicht viel schlechter abschneiden. Scharniere, Zargen und Korpen waren von ordentlicher Marken-Qualität auch wenn mancher besorgte Küchenmonteur darauf verweist, dass eine IKEA-Zarge NUR 25kg aushält. Nun gut, da ich es mir zur Gewohnheit gemacht habe meinen Zement in der Garage zu lagern würde ich mit diesen Werten eigentlich gut klar kommen. Nun stellten wir also ein Art Anforderungsprofil für unsere Küche auf. Bei einer 6-köpfigen Familie und einer dem Haus anhängigen Pension, für welche zukünftig auch das Frühstück in unserer Küche zubereitet werden sollte gab es vor allem 3 entscheidende Kriterien.
1. Platz
2. Platz
3. nochmals viel Platz
Das war bei einer Fläche von 16 qm und 3 ausgehnden Türen an 3 verschiedenen Wänden gar nicht so leicht zu verwirklichen. Desweiteren wollten wir gerne eine Echtholzküche, der als neuen Küche auch gewisse moderne Attribute innewohnen, die aber auch auf Grund unser recht konservativen Lebensweise ein Stück Tradition verkörpern sollte. Kein kitschiger Landhausstil aber doch gediegene Elemente wie Rahmen-Kasetten, Licht- und Kranzleisten sowie hübsche, das Ambiente aufwertende Stilmittel enthalten sollte. Wenn das alles planerisch umzusetzen wäre, dazu noch ein Esstisch für 6 Personen integriert und eine praktische Anordnung der Arbeitsbereiche möglich wäre, dann, ja dann wäre eigentlich alles perfekt. Alles das schien uns bei IKEA am greifbarsten, da man bereits bei dem Wunsch nach Echtholz in allen anderen Einrichtungshäusern meistens schon die Hände zum Offenbarungseid hob. Das es ein nicht ganz einfacher Weg wird war uns aber schon von Anfang an klar, doch mal ehrlich, welche Alternativen hatten wir? Eine zum Beispiel war, dass meine Frau von Zeit zu Zeit mit einem Billigprospekt kam und mir 999,-€-Küchen unter die Nase hielt. Mit entsprechendem Dackelblick versuchte sie mir zu entlocken, dass eine solche doch allemal besser wäre, als das, was wir da Momentan zu stehen hätten. Doch darauf liess ich mich zum Glück nie ein.
So fiel unsere Entscheidung irgendwann für die Kalsebo von IKEA. Eine massive Buchenkassette mit furnierter Buchenfülung.

Die Planung

Die Planung nahm ein nicht unwesentlichen Teil der Vorbereitung in Anspruch. Noch während ich meine Recherchen am Laufen hatte begann ich bereits mit einem runtergeladenen IKEA-Planer verschiedene Dinge in Form zu bringen. Sehr stark hing ich dabei immer noch an unserem planerischen Konzept von vor 10 Jahren, was weitestgehend der bisherigen Anordnung unserer Küche entsprach.
Bei diesen Gegebenheiten war es jedoch kaum möglich, alle Anforderungen umzusetzen wenn es denn mehr als ein reines funktionales Wirtschafts-und Logistikzentrum werden sollte.
Die zündende Idee war dann eigentlich nach vielen Wochen geboren, als wir die Halbinsel in unsere Planung einbezogen. Sie war der eigentliche Durchbruch, welcher der Küche Charakter, Stil und Struktur gab. Dazu aber später noch mehr.
Kurze Zeit danach waren die noch anstehenden Dinge relativ problemlos in das nun stehende Konzept integriert. Jetzt kam es darauf an, die Feinheiten auszuklamüsern und das Projekt tatkräftig anzugehen.
Bevor es jedoch an die eigentliche Küche ging stand uns die bauliche Veränderung bevor.

Der Umbau

Die Decke

Was diese Küche neben ihrem katastrophal baulichen Zustand entscheidend charakterisierte war die so unglaublich beängstigende Dunkelheit. Sie war innenliegend und von keiner Seite aus war an Tages-Licht heranzukommen. Als Dachdecker hatte ich irgendwann die Idee mir das Licht von oben über das darüberligende Dach/Dachbodenraum zu holen, da dieser ohnehin ungenutzt war. Dazu war es nötig, dass ein Teil der Decke herausgenommen wird. Die zum Vorschein kommenden Balken wurden daraufhin mit einem Tragwerk abgefangen und ebenfalls herausgeschnitten. Diese recht aufwendige Form der Lichtbeschaffung war jedoch höchst effektiv. Hier ein Blick in die Deckenöffnung und die zwei eingesetzten Dachfenster, welche wahlweise über eine Tastatur im Küchenraum oder über Fernbedienung sowohl geöffnet/geschlossen aber auch mit einem Rolladen verdunkelt werden können. Gerade im Sommer bei starker Sonneneinstrahlung von großer Bedeutung.



Der Fußboden

Die zweite bauliche Veränderung war der Fußboden. Da die Dielung völlig verrottet war musste diese ohnehin komplett entfernt werden. An diesem Punkt entschieden wir uns nach Prüfung der statischen Gegebenheiten für einen Betonboden mit Fußbodenheizung und Fliesenbelag. Ein von mir selbst entworfenes System, welches ich schon im eigenen Haus und bei verschiedenen Kunden erfolgreich verbaute ergibt einen Bodenaufbau mit Heizung, Tritschalldämmung und Fliesenbelag von insgesammt nur 5cm. Das ist besonders im Altbau von großer Bedeutung da sonst bei angrenzenden Räumen zu hohe Stufen entstehen. Berechnet man die ausgebaute Dielung, welche auch noch mal 2,5cm in Abzug bringt ist der neue Fußboden nur insgesammt 2,5cm höher als der Alte. Das entspricht exakt der Stärke der vorhandenen Türschwellen. Auf diese Weise bekommt man einen ebenen Übergang zu den bestehenden Räumen. Hier der Boden im Rohzustand



Um das Thema Fußboden dann auch zu Ende zu bringen, hier noch die letzten Informationen obwohl der Fliesenbelag erst ganz zum Schluß verlegt wurde, da die Fliesen gemeinsam erst nach Fertigstellung der Küche mit dem anderen Granit der Arbeitsplatten und der Spiegel geliefert wurden. Bestehend aus 1cm Granit 30x30cm des Typ Tiger Skin Rustik verlegte ich diese im Verbund mit selbst gefertigten Edelstahlfliesen. Warum selbst gefertigt? Ganz einfach, weil industriell gefertigte Edelstahlfliesen kaum zu bezahlen sind. Diese kosten etwa um die 8,-€ das Stück. Bei ca. 100 benötigten Fliesen sind da mit Versand schnell knapp 1000,-€ weg. Also ließ ich mir für rund 100,-€ die entsprechenden Edelstahlbleche in 2mm und dem Format 10x10cm in einem Stahlunternehmen lasern. Das ist ganz wichtig, damit man wirklich masshaltige Teile erhält. Diese klebte ich mit 2 komponentigem Epoxidharz auf Reste von Fußbodenfliesen in 8mm Stärke, welche ich zuvor auf 10x10 in wenigen Minuten mit dem Fliesenschneider fertigte. Das Ergebnis, ein sehr schön aufgelockertes Fliesenbild mit dem Quadrat in Edelstahl, welches uns als Form in dieser Küche noch mehrfach begegnet.



Die Sockel wurden wie man auf dem Bild sieht, ebenfalls gleich in Granit gefertigt. Diese ermöglichen einen sauberen Übergang zum Bodenbelag und ein tadelloses Reinigungsergebnis. Gerade furnierte Sockel zeigen oft nach kurzer Zeit unschöne Aufblühungen des Materials wenn Feuchtigkeit darunter zieht.

Der Küchenaufbau

Durch die geplante Halbinsel bekam die Küche eine klare Struktur. Im hintreren Bereich befand sich nun der Arbeitsbereich mit Spüle, Kühlschrank, Backofen und Herd und im vorderen Bereich war eine Aufenthaltszone geschaffen, die sich idealerweise geradezu aufdrängte, das neue Komunikationszentrum im Haus zu werden.



Die Halbinsel besteht aus dem großzügigen 80cm flächenbündigen Ceranfeld mit einem Unterschrank bestehend aus vielen Schüben für alles was man zum Kochen braucht.
Aus einem Stück fügt sich daran der Esstisch, an dem 6 Personen bequem Platz finden. Durch die Arbeitsplattenhöhe von 90cm sind dazu jedoch Barhocker erforderlich.



Jeder sich anbietende Stauraum wurde hier genutzt, wie der Überbau des Essbereiches zeigt und auch der Bereich im hinteren Teil des Tisches.
Die Wandverkleidung unterhalb des Überbaues besteht wie auch alle Fliessenspiegel unterhalb der Hängeschränke, aus 2cm Starkem Granit. Im speziellen Fall wurden hier 2 Platten in der Größe von 2,10x1,10m verbaut



Im Uhrzeigersinn gedreht, geht es im Arbeitsbereich weiter mit der erhöten Naßstrecke. Diese hat eine Höhe von 1,03m. Das entspricht einer Erhöhung von 13cm. Das ist exakt die Höhe einer Schubladenblende, die ich als Element zur Verkleidung des Aufbaus nutzte.



Problematisch wurde dabei der Einbau des Geschirrspülers. Die Front dessen reichte beim Öffnen bis in den Sockelbereich hinein. Das ist auf folgendem Bild sehr gut zu sehen.



Das machte es erforderlich, einen Mechanismus zu entwickeln, der dafür sorgte, dass sich das Blendenbrett beim Öffnen des Geschirrspülers automatisch wegklappt.
Gesehen hatte ich sowas bereits in den Küchenstudios. Wie sowas jedoch funktioniert hatte ich keine Vorstellung.

Mit Hilfe der Mitarbeiter von Häfele, einem Großanbieter für alles was ein Tischler braucht, bekam ich dann die entsprechenden Scharniere aus dem Wohnmobilbau, die in der Lage sind um 180° auszuklappen. Nach der Montage sah das folgendermaßen aus.



Eine perfekte Lösung wie ich fand, die mich voll und ganz zufrieden Stellte.

Daneben fand die Unterbau-Spüle ihren Platz welche von Hand gefertigt wurde. 50cm breit und 20cm tief. Wunderbar groß um Bleche und andere sperrige Gegenstände aufzunehmen.
In die Arbeitsplatte integriert eine eingearbeitete Abtropffläche.
Im inneren des Schrankes befindet sich das Mülltrennsystem von IKEA und ein Handtuchhalter.



Für frisches Wasser sorgt eine Design-Armatur von Smeg mit herausziehbarem Brauseschlauch, welche ich zu einem sehr günstigen Preis bei ebay erworben habe.
Besonders gefällt uns an ihr das Material, Edelstahl gebürstet, und die Tatsache, dass das Quadrat in Edelstahl hier wieder wie schon im Fußboden auftaucht.
Im Anschluß an den Spülenschrank folgt ein Eckschrank mit Topfkarussel, über deren Sinn oder Unsinn man noch lange diskutieren kann. Egal wie, es wird einer der Schwachpunkte der Küche sein und bleiben, wenn es sich jedoch auf diesen beschränkt ist es auszuhalten.


Auf der anderen Seite befindet sich dann die lange zusammenhängende Küchenwand.
Damit diese einen nicht optisch erschlägt haben wir sie ebenfalls in zwei Bereiche strukturiert. Hinten befindet sich der funktionale Teil für den Arbeitsbereich.
Darin untergebracht ist die Kühl-Gefrierkombi und der Backofen. Dazwischen ein schmalerer Schrank mit innenligenden Schüben für alles was zum Frühstück und beim Backen benötigt wird.




Im vorderen Teil, direkt gegenüber des Sitzbereiches haben wir Vitrinen so angeordnet, dass sie optisch an den Aufbau eines alten Küchenbuffets erinnern. Unterschiedliche Größen und eine clevere Lichanordnung verschaffen diesem Teil eine optisch gelungene Note und lassen die Wuchtigkeit dieser durchgehenden Wand in den Hintergrund treten.

Ein besonderes Schmankerl ist die Gittertür in der Mitte. Diese habe ich selbst angefertigt.
Das Gitter besteht aus einer Starkfurnierkante, welche als Umleimer an Tischen u.ä. Verwendung findet. Diese habe ich bei einer Tischlerei erworben, mit Klarlack mehrfach lackiert und dann geflochten.
Der Tür-Rahmen wurde auf der Innenseite mit einer Oberfräse geöffnet, das gefertigte Gitter eingelegt, eine Edelstahlplatte als Staubschutz dahintergesetzt und mit aufgestzten Glasleisten von innen befestigt.
Auf diese Weise bekommt die Küche einen Hauch vom Landhausstil und wieder finden wir das Quadrat und den Edelstahl, welcher bei Beleuchtung interessante Reflexe im Raum verteilt.
Hier nochmal die Vorher-Nachher-Optik der Tür.


Einige Details

Neben allem bisher genannten gibt es noch ein paar Details, auf welche ich hier noch gesondert eingehen möchte.

Das sind zum einen die fast quadratisch gehaltenen Steckdosen und Schalter in Buche massiv, welche sich auf Grund von Form und Material perfekt in das Gesammtbild einfügen.
Erhältlich sind diese Steckdosen im gut sortierten Baumarkt. An den Preis muß man sich allerdings gewöhnen. Bei mir hat es mehrere Anläufe gebraucht, bis ich sie letztendlich mitgenommen habe.


Ein weiteres Detail ist das Bild an der Stirnseite des Esstisches. Dieses malte ich selbst viele Jahre zuvor und es fand keinen geeigneten Platz. Hier nun passt es perfekt hin. Den Rahmen fertigte ich aus Resten der furnierten Kranzleisten vom Küchenbau.

Ein ganz besonderes Detail ist natürlich noch die Dunstabzugshaube. Sie hat auch eine ganz besondere Geschichte.
Denn der Herd befindet sich im Bereich des Deckenausschnitts wo immerhin 3,5 m zu überwinden waren. Anfrage bei Neff, dem Abzugshaubenhersteller ob er mir die Verlängerung aus Edelstahl fertigen könne. Die verwiesen mich an den Kundendienst. Kundendienst angerufen, deren Antwort lautete in etwa wie folgt: Riesenproblem, Hebelkräfte zu gross, am Ende sagten die sogar, dass bekommen sie nie hin, dort Halt rein zu kriegen. Ok, solch steile Aussagen stacheln ja nun meinen Ehrgeiz an. Auf die erneute Anfrage direkt bei Neff wollten sie mir 5 Teile anbieten zu je 120,- Euro. In einem Stück können sie das nicht herstellen. Ja nun, wie sieht das denn aus. Solch eine edle Abzugshaube und dann so baumarktmässig gestückelt in 5 Teile, nee das war nicht mein Ding, da sagt ja jeder: „na haste selbst gefummelt wa“.

Erst mal ging ich nun zu meinem Schmied. Der sollte mir eine recht massive Stahlkonstruktion herstellen, da recht grosse Hebelkräfte auf diese Länge am Wirken sind. Diese bekommt man aber mit einer solide geschweissten Konstruktion und entsprechnder Gewindebolzenverschraubung am Dachgebälk (oder ggf. an den Deckenbalken) noch in den Griff.
Das zweite Problem ist jedoch die Eigenschwingung des Materials, die entsteht wenn du unten gegenstößt und das Teil eben nur oben befestigt ist. Dem kannst du nur entgegenwirken, wenn du das Gewicht der Konstruktion bewusst nach oben treibst. Eine grosses Gewicht gerät eben nicht so schnell in Schwingung wie ein kleines und so haben wir sagenhaft massiven U-Stahl zur Erstellung der Grundkonstruktion verwendet, Schade, davon habe ich kein Foto mehr. Die wog aber so ca. 200 kg und wurde mit M12 Gewindebolzen an den Dachbalken durchgeschraubt. Anfertigungskosten 250,- € und eine gemeinsame Flasche Bier mit dem Schmied getrunken.
Angebracht habe ich das Teil mit einem Freund allein.

Dann suchte ich einen Edelstahlschlosser in der Region. Gefunden habe ich einen sehr freundlichen Grossküchenbauer in unserer Nähe gefunden. Der liess mich nur eine Woche warten und ich hatte meine Abzugshaube perfekt.

Nun einfach das obere Teil der Originalhaube weggelassen und die neue Verlängerung über alles drüber. Sieht geil aus und ist der absolute Hingucker in unserer Küche.



Das Licht

Das Licht, so stellte ich bei meiner Planung fest, hat einen ganz erheblichen Einfluß auf die Gesammtwirkung einer Küche.
In unserem Fall setzt es sich wie folgt zusammen:
Die Grundbeleuchtung wird durch Deckenspots 10 x 20W erreicht.
Die fügen sich vom Design wieder wunderbar in das Gesammtkonzept ein und sind in die Kante am Deckenausschnitt eingelassen. Der eine Teil der Leuchten ist nach unten und der andere Teil in den Ausschnitt hinein gerichtet.


Vitrinenbeleuchtung 7 x 10W
Unterbaubeleuchtung Hängeschränke: 10 x 10W
Dunstabzugshaubenbeleuchtung: 4 x 10W

Summe: 410W

Das Entspricht ca. 25W auf den qm. Ist sicher sehr reichlich leiset aber einen erheblichen Anteil an der Gesammtwirkung und der Nutzungsfreundlichkeit.



Die Arbeitsplatten

Die Arbeitsplatten sind wie auch die Fliesen und die Fliesenspiegel aus massivem Granit 4cm.
Ich habe sie über eine Agentur im Internet direkt aus China bezogen. Das war sehr preiswert aber auch sehr Aufwendig. Alle Aufmaße habe ich selbst gemacht. Deshalb hatte ich auch gewartet, bis die Küche fertig stand und habe erst dann aufgemessen. Dann wurde bestellt und ein viertel Jahr später wurde geliefert. Es hat alles perfekt geklappt und sämtliche Ausschnitte und Ecken waren korrekt gefertigt. Das Warten hatte sich auf jeden Fall gelohnt.
Neben den schon genannten Higlights wie eingefräste Abtropffläche und flächenbündigem Ceranfeld habe ich mich besonders auch über die Rundkannte in allen Bereichen gefreut. Sowas bekommt man in deutschland nur für sündhaft viel Aufpreis. In China kostet das keinen Cent mehr.



Auch waren die Chinesen als einzige in der Lage, die Tisch-Herd-Platte aus einem Stück zu liefern. Alle in Deutschland ansässigen Firmen weigerten sich und wollten diese teilen. Das jedoch hätte einen großen Teil der Wirkung genommen. Mit knapp 400 kg war es für uns jedoch eine Herausforderung, diese im Altbau in die 1. Etage zu bekommen.


Die Geräte


Alle Geräte wurden bei ebay ersteigert oder zu ersteigerten Geräten dazugeordert.
Es sind durchweg Neff-Geräte.

Dunstabzugshaube NEFF DIM79
Kühl-Gefrier-Kombi NEFF KG734
Grossraumspüler NEFF SX45A
Ceranfeld NEFF TTF 5589
Backofen NEFF Mega 4452N

Der Preis

Wie so oft im Leben ist der Preis letztendlich das alles entscheidende. Was nützt die beste Planung wenn es nicht zu bezahlen ist. Bei uns gliedert sich das ungefähr wie folgt:

Küchenmöbel IKEA 4.000,-€
Neff Küchengeräte 3.000,-€
sämtlicher Granit inkl. Fliesen 3.000,-€

Das macht einen reinen Küchenpreis von ungefähr 10.000,-€
Für eine Echtholzküche mit Granitarbeitsplatte und Spiegeln durchaus vertretbar wie wir finden.

Die Umbauarbeiten insgesammt mit allen anfallenden Kosten und Nebenkosten lagen bei etwa 5.000,-€




Fazit

Abschließend bleibt uns zu sagen, dass wir auch heute nach fast 4 Jahren noch absolut überzeugt sind von dieser Küche. Der ganze Aufwand hat sich für uns gelohnt und die Küche ist genau das geworden was sie werden sollte. Praktischer Arbeitsplatz, Komunikations- und Begegnungsort. Unzählige Partys, Feten und Freßorgien haben wir darin schon abgehalten. Schweine, Schafe und Hirsche wurden darin schon zerlegt und zubereitet. Selbst die Kinder laden Freunde ein und backen und kochen nicht selten miteinander darin.

Zu erwähnen bleibt vielleicht auch noch als ein Grund des Gelingens, dass wir eine klare Linie von Anfang bis Ende eingehalten haben. Wir haben uns kaum auf Kompromisse oder laienhafte Lösungen eingelassen. Stets haben wir uns bei Allem nach ganz oben orientiert. Das war sicher nicht immer der leichteste aber ein lohnender Weg.
Anschlüsse, Passleisten, Seitenverkleidungen, Kranz- und Lichtleisten wurden aufwendig überall da angebracht wo sie hingehörten.





Meine solide Grundausstattung an Akkuschraubern, Tischkreissägen und Kappsäge, nebst Bohrhämmern und sonstigem Werkzeug war mir eine unentbehrliche Hilfe und nicht zuletzt die vielen Freunde, die uns stets ermutigten und wenn es drauf ankam auch mit anfassten. DANKE!


★ Küchenhersteller

Küchendetails

Modell
Kalsebo
Datum der Fertigstellung
2006

Gerätedetails

Kochfeld
NEFF TTF 5589
Backofen / Einbauherd
NEFF Mega 4452N
Geschirrspüler
NEFF SX45A
Kühlschrank
NEFF KG734
Dunstabzugshaube
NEFF DIM79

Küchen-Raumdetails

Küchenraum-Art
Geschlossene Küche
Raumform
Rechteckig
Küchenform
2-Zeiler mit Halbinsel

Planungsinfos

Benutzer-Kommentare

14 Kommentare
Ein spätes und großes Danke für diesen ausführlichen Bericht. Gar nicht mein Stil die Küche, dennoch aufgrund der handwerklichen Sorgfalt ein Augenschmaus, ich bin inspiriert.
S
Auch von mir...
mein aufrichtiger Respekt an die Arbeit und das Resultat Deiner Küche! :-)
S
Großartige Leistung!

Ich schmökere schon länger im Küchenforum, registriert habe ich mich jetzt aber einzig und allein, weil mich Ihre Küche glatt vom Hocker geschmissen hat. Und das obwohl sie großteils gar nicht meinem bevorzugten Stil entspricht (Landhaus, Buchenholz und Schnick-Schnack ist gar nicht meins). Aber wie Sie Ihr Projekt durchgezogen haben, und die nachgerade unfassbare Qualität des Resultats Ihrer geistigen und handwerklichen Eigenleistung haben mich enorm beeindruckt. Ceterum censeo das Küchenkartell muss bekämpft werden ;-)

Gruß aus Graz
chrissie
E
Der helle Wahnsinn !!!
Hallo und Glückwunsch zu eurer Leistung und zu der wirklich tollen Küche!!! Genial und schön! Besonders gut gefallen mir u. a. die Sockelleisten aus Granit. Auf die Idee bin ich noch nicht gekommen - sie werten eine Küche aber ungemein auf, zumal wenn man eine AP aus Granit hat. Werde das bei unserer nächsten Küche auch mal mit anpeilen, sind gerade bei der Planung, die aber im Gegensatz zu eurer Küche 08/15 sein wird, mangels handwerklichem Geschick und Zeit.
LG
M
Mut zur Tat
(Aktualisiert: 02 März 2010)
Auch ich kann und möchte schlicht nur den "HUT ZIEHEN" vor Eurer Leistung!

und dem MUT sowas in Angriff zu nehmen..
und der Geduld, die Ihr hattet vorher.. ich selber habe zwar "nur" 3 Kinder, aber ich kann mir vorstellen, dass es unter diesen "Umständen" nicht gerade einfacher ist, den Alltag zu bewältigen ...

Ich freue mich SEHR für Euch und wünsche Euch eine wundervolle Zeit in dieser fantastisch schönen Küche.

Alexandra
G
Hallo Jörg,

mir als Küchen-Laie wird ganz schwummrig bei soviel Eigenleistung. Nie und nimmer hätten ich und mein Mann das auf die Reihe gebracht, obwohl der technisch immerhin so geschickt war, das Wasser (Geschirrspüler und Spüle) in unserer neuen Küche anzuschließen (was ich schon mal klasse finde!).

Vielleicht hat Dir geholfen, daß Du selber einen handwerklichen Beruf hast. Einen ganz, ganz großen Respekt und viel Freude an Eurer gemütlichen Küche!

Viele Grüße, Ulla
U
Hallo,

erst einmal vielen Dank für die Blumen. Dass man mit einer so "alten Küche" hier noch punkten kann ist ja beachtlich

Dennoch möchte ich, wie auch anderswo schon, klar herausstellen, dass jeder mit ein wenig handwerklichem Geschick, ähnliches leisten kann.

Was mir auf Grund meiner Persönlichkeit und meines Jobs zugute kam war, dass ich keine Angst vor großen Aufgaben habe. Ich glaube, dass hier der Knackpunkt zur ganzen Geschichte liegt. Manch einer resigniert oder kapituliert vor dem Umfang. Aber auch da muss ich sagen, einfach los machen und immer weiter seinen Weg gehen, irgendwann ist man am Ziel. Ok, Selbstüberschätzung wäre fehl am Platz, man sollte schon wissen was geht und was nicht.

Zitat von Nice-nofret:
Ich bewundere Deine Frau, dass die das alles mitmacht

Vanessa, das ist nichts besonderes. Der Trick ist ganz einfach. Schau dir die ersten Bilderan. Wenn du deine Frau da lange genung reingesteckt hast macht sie irgendwann alles mit dir mit.

Nein aber mal im Ernst. Bei der Küche hat die ganze Familie mitgezogen. Anders wäre das nicht möglich. Wir haben immerhin fast ein halbes Jahr küchentechnisch aus Kisten und Körben im Wohnzimmer gelebt, bei 6 Personen nicht ganz leicht.
In den Osterferien `06 haben alle mit angefasst, als wir die alte Küche ausräumten, einen alten Schornstein rausgerissen und in Eimern quer durch den Garten getragen haben, den Fußboden rausgerissen und die Decke aufgebrochen haben und das alles in 2 Tagen.
Aber sowas schweißt zusammen, sie erzählen heute noch davon.
Ist ja heutzutage auch modern, nennt man glaube ich Activurlaub....

Zitat von mozart:
Ich hätte einen matten, einheimischen Stein schöner gefunden.

Auch hier hatten wir eigentlich keine wirkliche wahl. Wollten wir Granit, ging eigentlich nur der, alles andere war preislich, selbst von China, nicht mehr unsere Liga.
Obwohl wir diesen gar nicht schlecht finden. Nach wie vor empfinden wir die lebhafte Struktur zur schlichten Buche passend.

Tschüss Jörg
J
Das ist eine absolute Ausnahmeküche für Möbel vom Elch. Es bedarf schon erheblicher Phantasie und einer gehörigen Portion handwerklichen Geschickes, um so etwas zu produzieren.

Mein Respekt, Jörg. So etwas hochwertiges werden nur wenige Elch-Kunden schaffen können. Und Dein Beitrag ist wirklich gut geschrieben .

Viele Grüße
Martin
M
Hallo Jörg,

die Nachher-Bilder kannte ich ja schon, aber in Zusammenhang mit den Vorher-Bildern und der Story nötigt mir eure Leistung einfach nochmal mehr Respekt ab!
Da ist euch wirklich ein Prachtexemplar gelungen trotz Ikea!

LG, Menorca
M
Wow. Habe alles von Anfang bis Ende durchgelesen und bin ganz baff. Das habt ihr wirklich grandios hinbekommen, meinen Respekt. Ganz große Klasse

LG Kayleigh
K
Hi,

nun könnte man natürlich auch argumentieren, bei dem Aufwand wären Maß-Korpen in Buchefurnier und Auszüge in Massivholz der letzte Schliff gewesen.
Aber das Prinzip, Ikea-Komponenten als Baukasten zu begreifen und damit ganz frei zu planen und zu gestalten, ist super.
Stilistisch gefällt mir das ganz besonders gut-es ist "landhausig" ohne irgendeinen Anflug von Kitsch.
Unglaublich detailiert ausgeführt, ohne sich zu verzetteln und die Struktur zu verlieren.
Die Geräte spielen keine besondere Rolle, was ich in einem Wohnraum auch gut finde.
Ich hätte einen matten, einheimischen Stein schöner gefunden.
Fraglich nur, ob sich das nicht nachteilig auf die Beleuchtung und damit auf die Atmosphäre des Raums ausgewirkt hätte.

Ganz tolle Küche!

Grüße,
Jens
M
Hi Jörg,

einen Bericht von dir hatte ich mir erhofft. Dass er so umfangreich ausfallen würde allerdings nicht erwartet. Auf jeden Fall haben wir jetzt ein schönes Thema zum Verlinken bei der nächsten IKEA-Anfrage.

Mit der Kriegserklärung ans Finanzamt stehst du sicher nicht allein und wenn man gewisse Vokabeln in das Satirekostüm packt, denke ich, kann man das so stehen lassen. Es liest sich im Nachhinein jedenfalls sehr lustig aber ich kann durchaus nachvollziehen, wie schwer die Zeit für euch gewesen sein muss.

Die Küche ist jedenfalls ein Knaller und zu dem Preis hätte das sicher niemand hinbekommen. Das kannst du persönlich nehmen. Das war eine Anerkennung.

Michael
M
die Hölzernen Steckdosen gefallen mir extrem gut

da habt ihr aber ordentlich Arbeit reingesteckt. Ich bewundere Deine Frau, dass die das alles mitmacht
__________________
Liebe Grüsse

Vanessa
N
Hallo Jörg,

es ist immer wieder faszinierend die Entstehung deiner Ikea-Küche zu lesen. Und, sie gefällt mir auch immer noch.

Es ist ein Beispiel, wie mit viel, sehr viel Einsatz aus einer "einfachen" Ikea-Küche ein Schmuckstück geworden ist.

Hier ist eindeutig der Vorteil von Ikea hervorzuheben, dass man eben auch mal schnell eine einzelne Front dazukaufen kann oder eine Deckseite oder Leiste usw., wenn man die ideale Lösung für ein Anordnungsproblem gefunden hat.

Und, vielen Dank, dass du dir die Mühe mit dem ausführlichen Bericht gemacht hast.

VG
Kerstin
K